Hieß es vor der EU- Wahl noch, der Kandidat der stimmenstärksten Partei bzw. des stimmenstärksten Parteibündnisses werde der zukünftige Kommissionspräsident, so ist das längst Schnee von gestern. Von diesem Versprechen – und viele EU- Bürger fassten das als Versprechen auf – will niemand mehr was wissen so nach dem Motto: Was kümmert mich heute mein Geschwätz von gestern. Und wer es bis jetzt noch nicht wahrhaben wollte; seit dem krachend gescheiterten EU- Gipfel, bei dem erstmals auch Kanzlerin Bierlein dabei war, müsste allen klar sein: Bei solchen EU- Gipfeln trifft sich der „Klub der Gaukler“ in der Quatschbude zu Brüssel. Sie treten auf wie Marktschreier, wie Roßtäuscher, wie Sektierer. Es ist eigentlich beschämend, was da abläuft. Gab es zu Beginn des Postenschachers zwei Kandidaten für den Posten des Kommissionspräsidenten, nämlich den Deutschen Weber von der EVP und den Niederländer Timmermans von der SPE, kam dann noch eine dänische Kandidatin vom liberalen Block dazu. Da muss man dann auch erwähnen, dass die EVP als stärkste Partei bzw. als stärkstes Parteibündnis aus der EU- Wahl hervorging und somit laut Zusagen aus der Zeit vor der Wahl der Deutsche Manfred Weber der neue EU- Kommissionspräsident werden sollte. Das zählt aber alles nichts mehr. Der französische Präsident Macron brachte einen zusätzlichen Kandidaten ins Spiel und sagte auch ganz offen, dass er Weber nicht akzeptieren werde. Die deutsche Kanzlerin Merkel ist mittlerweile so weit, dass sie den Namen ihres Kandidaten Weber nicht einmal mehr in den Mund nimmt.
Was in dieser unwürdigen Quatschbude, in diesem Intrigenstadel in Brüssel abgeht, wäre vor Jahrzehnten Stoff gewesen für die „Löwinger- Bühne“ oder den „Komödien- Stadel. Der gravierende Unterschied: Bei den Theatern wusste man, dass Klamauk geboten wird. In Brüssel hingegen wird versucht, Klamauk auf tieferem Niveau als hohe und verantwortungsvolle Politik zu verkaufen. Es wird nicht mehr geboten als ein sich balgen und feilschen und schachern um Posten, um Einfluss, um Macht und auch darum, seine Klientel im Hintergrund zufrieden zu stellen. Und der scheidende Boss Juncker freut sich ob seiner vermeintlichen Qualität und erklärt grinsend: „Ich habe mit einem gewissen Vergnügen festgestellt, dass es nicht einfach ist, mich zu ersetzen“.
Das Scheitern einer Einigung auf den zukünftigen EU- Kommissionspräsidenten war aber nicht die einzige Pleite dieses Gipfels. Es geht ja nicht nur um einen neuen Kommissionspräsidenten. Es ist auch ein neuer Ratspräsident, ein neuer EU- Parlamentspräsident, ein neuer „Hoher Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik“ (ein mehr als geschwollener Titel; EU- Außen- und Sicherheitsbeauftragter müsste wohl auch reichen) zu bestimmen. Und ein neuer Chef der EZB, denn auch die Zeit von Mario „Graf Draghila“ Draghi läuft ab. Wenn es bei der Wahl jeder dieser Positionen ein solches Würgen gibt, dann Gute Nacht.
Vielleicht sollte man diesen Gauklern und Dampfplauderern den Vorschlag machen, für jede Position ein paar Namen zu benennen und dann die Staats- und Regierungschefs würfeln zu lassen. Der Name mit den meisten Würfel- Augen soll Sieger sein und den Job kriegen. Oder man könnte auch jede Position mit „alexa“, dem Smart- Speaker eines Internet- Händlers, besetzen. Wäre einmal was Anderes.