Unser allseits gelobter Herr Karas, seines Zeichens ÖVP- Delegationsleiter im EU- Parlament, ist ja bei der vergangenen EU- Wahl als Vorzugsstimmen- Weltmeister entthront worden, er wurde von Frau Edtstadler um Häuser geschlagen. Vielleicht wurde er dafür, zum Ausgleich sozusagen, von „seinen“ EU- Parlamentariern wieder zu einem der 14 Vizepräsidenten des EU- Parlaments gewählt. Diese Position hatte er ja schon einmal inne. Bei der Gelegenheit ein Vorschlag: Warum eigentlich nicht (noch) 27 Vizepräsidenten? Dann könnte sich jedes Mitgliedsland über einen freuen und es gäbe keine Neidgefühle. Und es bräuchte sich niemand wegen zu wenig Zustimmung durch die Parlamentarier ärgern. Herr Karas bekam ja auch nur 477 von 751 Stimmen.
Karas meldete sich, man glaubt es kaum, nach seiner Wahl sogar mit Kritik an der EU zu Wort. Er sieht die liberale Demokratie gefährdet; wegen „neuer Formen des Autoritarismus, neuer Formen der Kommunikation, dem Erstarken des Populismus sowie den „Hinterzimmermauscheleien der EU- Staats- und Regierungschefs““ und er kritisiert auch, dass bei der Nominierung des EU- Kommissionspräsidenten die Vereinbarung über die Spitzenkandidaten nicht eingehalten wurde. Ja, wenn alles gelaufen ist, kann man leicht Kritik üben. Vor allem, wenn sie berechtigt ist, deswegen gerne gehört wird und, ganz wichtig, trotz dieser Kritik alles beim alten bleibt. Denn mit Änderungen, z. B. hin zur direkten Demokratie, hat es Herr Karas nicht so. Als 2016 in den Niederlanden ein Referendum abgehalten wurde, meinte er, Referenden seien „eine Flucht aus der Verantwortung, ein Zeichen von Schwäche“ und eigentlich sollten sie abgeschafft werden. Und auch seine Kritik an der EU sollte man nicht ganz ernst nehmen, obwohl sie berechtigt ist. Karas ist nämlich EU- Befürworter ohne wenn und aber, will die Nationalstaaten zu Gunsten der EU entmachten, fordert die Aufgabe der nationalen Souveränität genau so wie Zuwanderung ohne irgendwelche Einschränkungen.
So ein Mann muss doch zumindest Vizepräsident werden.