Schon seit einigen Tagen kann man in den Medien Berichte verfolgen, die sich mehr oder weniger intensiv mit öffentlichen Kundgebungen in Moskau befassen. Der Auslöser der Protestkundgebungen war die Tatsache, dass für die anstehende Regionalwahl in Moskau den Kandidaten einiger Klein- und Kleinstparteien offiziell wegen Formalfehlern die Kandidatur verweigert wurde. Der Andrang zu diesen Demos war relativ bescheiden; etwa 3.000 Teilnehmer sollen es gewesen sein, vielleicht waren es auch maximal 5.000 und ein Teil von denen kam sicher nur wegen der „West- Kamerateams“. Worum es sich bei den Formalfehlern als Grund für den Ausschluss von der Kandidatur handelte, wurde nicht gesagt. Allerdings kann auch bei uns nicht jede Klein- oder Kleinstpartei bei einer Wahl kandidieren. Bei uns braucht es halt eine vorgegebene Anzahl an Unterstützungserklärungen und es macht letztendlich für einen Kandidaten wahrscheinlich nicht viel Unterschied, ob er wegen eines Formalfehlers oder wegen fehlender Unterstützungserklärungen nicht kandidieren darf. Für vergangenen Samstag war in Moskau wieder eine Demo angesagt, eine nicht genehmigte Demo, und die Polizei rief Touristen auf, sich fernzuhalten. Die Polizei war denn auch stark vertreten und es wurden mehr als 1.000 Demonstranten kurzfristig festgenommen; zur Feststellung der Personalien und um eine verhängte Geldstrafe zu bezahlen. Die Teilnahme an einer nicht genehmigten Demo wird als Ordnungsstrafe mit einer Geldbuße geahndet, kann man lesen.

Von der Kundgebung wurden jedenfalls blutende Teilnehmer gezeigt, von der Polizei blutig geschlagen. Das rief die EU- Kommission auf den Plan und ein deutsches Magazin schreibt dazu: „Die Europäische Union hat die Festnahme von mehr als 1.000 Demonstranten bei einer Kundgebung der Opposition in Moskau verurteilt. Die Festnahmen und der „unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen friedliche Demonstranten „liefen den Rechten auf freie Meinungsäußerung , Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zuwider“, sagte EU- Sprecherin Maja Kocijancic am späten Samstagabend in Brüssel. Diese „fundamentalen Rechte“ seien in der russischen Verfassung verankert. „Wir erwarten, dass sie geschützt werden“. In dieser Form, wie die EU das Recht auf freie Meinungsäußerung, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit von Russland einfordert, existieren diese Rechte nicht einmal in der „Werte- Union“ namens EU. Auch in der „Werte- Union“ kommt es vor, dass Demos nicht genehmigt werden oder von der Polizei, wenn nötig, auch mit Gewalt aufgelöst werden. Und auch in der „Werte- Union“ kann es dabei zu blutigen Gesichtern kommen. Es gibt auch immer wieder Gerichtsverfahren gegen Demonstranten, aber auch gegen Polizisten. Bei der Moskau- Demo ging die Polizei, soweit zu sehen war, „nur“ mit Schlagstöcken gegen nicht unbedingt friedliche Demonstranten vor. Die Gründe für die Demos sind ja verschieden, aber bei den „Gelbwesten“ in Frankreich ging der Staat gegen die Demonstranten anders vor. In Paris wurde zumindest einmal eine Sondereinheit des Militärs gegen die „Gelbwesten“ eingesetzt. Es wurden (bzw. werden) Wasserwerfer und sogar Tränengaswerfer eingesetzt bzw. Tränengasgranaten abgeschossen und, was noch viel schlimmer ist, es wurde mit Gummigeschossen auf Demonstranten geschossen. Durch diese Geschosse verloren einige Menschen sogar ihr Augenlicht und es gab hunderte Verletzte.

Ohne sich jetzt für Russland stark zu machen: In Frankreich und auch anderswo in der EU sind die von Russland eingeforderten „fundamentalen Rechte“ also auch nicht allzu viel wert. Allerdings ist die Art der Berichterstattung anders, als wenn es was aus dem autoritären Russland zu berichten gibt.