Wer da einmal meinte, die Proteste gegen den unbeliebten französischen Präsidenten Macron hätten mit den “Gelbwesten”- Demos, als landesweit Hunderttausende auf die Straße gingen, ihren Höhepunkt erreicht, der irrte gewaltig. Jetzt waren es nämlich etwa 800.000 Franzosen, einige Medien sprechen gar von 1,5 Millionen, die gegen die geplante Pensionsreform der Macron- Regierung auf die Straße gingen und auch ihrer Wut freien Lauf ließen. Es kam nicht nur zu lautstarken Unmutskundgebungen, es gingen Fahrzeuge in Flammen auf, es kam zu Ausschreitungen, Vermummte wüteten. Die Polizei ging massiv mit Tränengas gegen Randalierer vor, es gab zahlreiche Festnahmen und Kontrollen. Und zusätzlich zu den Demonstrationen gab es einen Generalstreik, der das öffentliche Leben zu einem großen Teil lahm legte. Es war der größte Streik im öffentlichen Dienst seit Jahrzehnten.
Präsident Macron, der sich gerne feiern lässt, sah sich jetzt mit den größten Protesten seiner Amtszeit konfrontiert. Es wurden nicht nur Autos angezündet, es wurden auch überdimensionale Macron- Figuren verbrannt. Frankreich wird auch in der nächsten Zeit nicht zur Ruhe kommen; Streiks bei der Bahn, im öffentlichen Nahverkehr und auch bei Flügen werden weitergehen, sind “unbefristet”. Dabei wollte Macron nur das französische Pensionssystem vereinfachen und vereinheitlichen – und natürlich auch Einsparungen durchdrücken. Macron will zwar “entschlossen” an seiner Reform festhalten, aber an genau diesen Plänen sind schon Vorgänger von ihm gescheitert, mussten aufgeben. Und Macron hat es jetzt nicht mit einer mehr oder weniger “kopflosen” Bewegung zu tun, wie es die “Gelbwesten” sind, sondern er hat es mit den Gewerkschaften zu tun und das ist ein ganz anderer Gegner.
Dass eine Pensionsreform in Frankreich notwendig ist, mag schon stimmen. Aber “niemand kann sich vorstellen, bis 70 zu arbeiten”, sagt ein Demonstrant, der bei PSA arbeitet. Die Franzosen lassen sich nicht annähernd so viel gefallen wie z. B. die Deutschen oder die Österreicher. Das müsste allerdings auch Macron wissen und ihn danach handeln lassen. Aber er tut sich grundsätzlich schwer. Er ist unbeliebt, er war noch nie der Präsident der Franzosen. Aber von wem oder für wen ist er dann Präsident? Gibt er etwa bei der EU nur den einflussreichen Repräsentanten Frankreichs ab?