Mit der Einsetzung von Christine Lagarde als neuer Chefin der EZB und Nachfolgerin von Mario Draghi wurde ja allgemein befürchtet, dass die Negativzinsen ausgeweitet und erhöht werden würden. Genau diese Vorgangsweise wurde Lagarde, der früheren IWF- Chefin, zugetraut. Jetzt werden aber Berichte über Risiken  durch die negativen Einlagezinsen mehr. Der neuen EZB- Chefin bläst also ganz unverhofft gleich zu Beginn ihrer Regentschaft ein spürbarer Gegenwind entgegen. Durch dieses Unbehagen in der Bankenwelt dürfte eine weitere Absenkung der Zinsen durch Lagarde zumindest vorübergehend verhindert sein. Im vergangenen September hatte die EZB – noch unter Mario Draghi – die Negativzinsen für Geschäftsbanken auf 0,5 Prozent “erhöht”, also abgesenkt. Das heißt, die Banken haben seither noch höhere Strafzinsen für ihre Einlagen bei der EZB zu bezahlen. Dadurch sehen sich Banken zunehmend dazu gezwungen, die Strafzinsen an ihre Kunden weiter zu geben. Das heißt, nicht mehr null Prozent Zinsen, sondern die Bankkunden haben für ihre Einlagen Strafzinsen zu bezahlen. Und jetzt kommt eben zunehmend Unbehagen gegen die Negativzinsen auf. Sogar Mitglieder im EZB- Rat sehen den negativen  Zinssatz nur mehr als notwendiges Übel, “dessen Anwendung man nicht verstärken sollte”, wie eine deutsche Wirtschaftsseite schreibt. Und Bloomberg zitiert eine Chefökonomin, die sagte: “Wir erwarten nicht, dass sie die Zinsen weiter senken werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es einen Konsens darüber gibt, dass negative Zinssätze schlecht sind, aber ich frage mich, ob es mit diesem Übergang von Draghi zu Lagarde – einer neuen Person am Steuer – nicht doch eine Gelegenheit gibt, seine Bedenken zu äußern”
  Es scheint, dass bei Ökonomen die Vernunft zurückkehrt und auch zum Ausdruck gebracht wird. Warum aber traute sich das unter Draghi niemand laut zu sagen? Anscheinend wurde abgewartet, ob sich die Negativzinsen nicht doch gegen jede Vernunft als Vorteil erweisen würden. Jetzt scheinen also viele vom Gegenteil überzeugt zu sein und trauen sich das auch zu sagen. Und Schaden wurde ja durch die Negativzinsen schon genug angerichtet. Im Euroraum mussten die Banken seit Juni 2014, als die Politik der Negativzinsen gestartet wurde, 25 Milliarden an Sonderbelastungen an die EZB bezahlen. Der Anteil der deutschen Banken betrug 7,5 Milliarden, das sind satte 30 Prozent der Gesamtbelastung. Eine Sprecherin des Bundesverbandes deutscher Banken sagte: “Derzeit werden Banken weiterhin rund 5 Milliarden Euro jährlich für ihre Überschussliquidität an die EZB zahlen. Die Negativzinsen der EZB treffen insbesondere die Banken …, denen Sparer ihr Geld anvertrauen …”
  Es dürfte in der Finanzindustrie die Schmerzgrenze bei den Negativzinsen erreicht worden sein. Und das bekommt Lagarde zu spüren.