Eigentlich war es ja zu erwarten, nur eine Frage der Zeit; nämlich die Ankündigung, dass sich Türkis und Grün bei ihren Koalitionsverhandlungen einigten. Und jetzt war es eben so weit und Kurz und Kogler traten vor die versammelte Presse und verkündeten die frohe Botschaft, hätte ich bald gesagt. Ich meinte natürlich, sie verkündeten, dass sie sich einigen konnten. Es war zu erwarten und trotzdem war es ein kurzer Schock. Und es fiel auch das Wort, welches ich schon lange als „Unwort des Jahres“ bezeichne – wenn es von einem Politiker ausgesprochen wird: Das Wort „Demut“. Bei der Verkündigung gab sich Kurz als der Inbegriff des strahlenden „Sunnyboys“. Kogler schien sich nicht so wohl zu fühlen. Auffällig war sein Fingerspiel, welches sogar so etwas wie die Merkel- Raute zustande brachte.
Es wurde sogar darauf hingewiesen, dass die beiden Parteien ideologische Welten trennen. Wenn die sich also einigen konnten, so möchte man meinen, sie schafften die Quadratur des Kreises oder sie lösten den Gordischen Knoten. Etwas Genaues weiß man ja noch nicht, denn das Regierungsprogramm wurde ja noch nicht vorgestellt, im Moment gibt es also nur Vermutungen. Und man kann jetzt vermuten, dass sich die Wähler beider Parteien, der Türkisen und der Grünen, über den Tisch gezogen fühlen müssen – bei einer Einigung dieser beiden grundverschiedenen Parteien. Oder zumindest und auf jeden Fall die Wähler einer Partei. Weil die Partei zu viele Zugeständnisse machen musste, zu viele ihrer Ideale verraten hat. Man wird in Kürze wissen, wer vom Regierungspartner am Nasenring durch die Arena gezerrt wird. Oder ob „nur“ die Wähler die Verlierer sind.
Es könnte, allerdings fast nur theoretisch, noch etwas anderes passieren. Am kommenden Bundeskongress der Grünen könnten die Delegierten den Koalitionspakt abschmettern. Wird aber nicht passieren. Zu groß ist die Freude darüber, regieren zu dürfen. Und sie wollen ja auch dem Bundespräsidenten die Genugtuung nicht nehmen, grüne Minister angeloben zu dürfen.