„Die schweren Zeiten stehen noch vor uns“, aber auch „bald wird jeder jemanden kennen, der am Virus gestorben ist“, ist von Kanzler Kurz zu hören. Die Aufhebung der ursprünglich bis Ostern verhängten Maßnahmen kann man sich zu diesem Zeitpunkt schon abschminken. Sie wurden auf mehr oder weniger unbestimmte Zeit verlängert und strengere Maßnahmen wie Maskenpflicht beim Einkaufen kamen dazu. Als Draufgabe gibt es auch vage Hinweise, dass noch strengere Maßnahmen folgen werden. Es sollen auch Handydaten und sogenannte soziale Medien von der Regierung dazu benutzt werden, die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen. Und es soll immer mehr getestet werden.

In Italien geht die Katastrophe weiter, mehr als 12.000 Tote insgesamt bisher, aber der Anstieg von Neuinfektionen verlangsamte sich und in einigen Tagen dürfte der Höhepunkt erreicht werden. Ärzte müssen aber momentan entscheiden, wer behandelt wird. Im Land herrscht Stillstand. Spanien droht das zweite Italien zu werden, fast 100.000 Infizierte und über 8.000 Tote. Die strengen Auflagen wegen der Pandemie führen auch zu einem Wirtschaftsnotstand. Die Arbeitslosigkeit steigt wie in allen betroffenen Ländern, der Tourismus als Wirtschaftsturbo ist tot und Hilfe von der EU wird es nicht geben. Auch in Frankreich nimmt die Katastrophe immer größere Dimensionen an. Mehr als 45.000 Infizierte, mehr als 3.000 Tote. Fatal wirkt sich aber das Sparprogramm der letzten Jahre beim Gesundheitswesen aus; es wurden tausende Intensivbetten eingespart, es fehlt an Beatmungsgeräten und die Krankenhäuser sind überfüllt. Im Elsass, dem Coronazentrum Frankreichs, ist die Lage mehr als dramatisch. Alte Patienten werden mangels Geräten nicht mehr beatmet, sie bekommen nur mehr Sterbebegleitung mit Schlafmitteln und Opiaten. Mittlerweile haben mehr als 600 Ärzte die Regierung wegen der Coronakrise geklagt und die Vorwürfe wiegen schwer. Geklagt wurde wegen unterlassener Hilfeleistung und fahrlässiger Tötung.

Nord- und Osteuropa, so scheint es, bleibt vom Coronavirus relativ unberührt. Das Baltikum, Finnland, Norwegen, Weißrussland, Polen, Tschechien, Rumänien, Bulgarien, die Slowakei haben keine Toten oder liegen im niedrigen zweistelligen Bereich. Steht denen die große Welle noch bevor oder machen die irgendwas besser als die Mittel- und Westeuropäer? Der einzige Ausreißer ist Schweden mit 180 Toten, aber dort gibt es noch fast keine Maßnahmen gegen das Virus, da wird eher auf „Herdenimmunität“ gesetzt. Von Deutschland wurde jetzt ein Strategiepapier bekannt, welches „nicht für die Öffentlichkeit bestimmt“ sei; offiziell zumindest nicht. In diesem Papier werden auf 17 Seiten verschiedene Szenarien durchgespielt. Im schlimmsten Fall – laut diesem Papier – würden gleichzeitig etwa 350.000 Menschen Intensivmedizin benötigen. Das würde bedeuten, dass 85 Prozent dieser Patienten nicht behandelt werden könnten. In diesem Szenario würden in einem Zeitraum von zwei Monaten annähernd 1,2 Millionen Menschen am Coronavirus sterben. Im „harmlosesten“ Szenario käme es „nur“ auf etwa eine Million Infizierte und 12.000 Tote. dafür müsste aber so viel wie möglich getestet werden, müsste Big Data und Location Tracking eingesetzt werden – und alle positiv Getesteten müssten in Quarantäne. Und wenn die Anzahl der Tests schnell gesteigert werden kann, dann wäre auch eine schrittweise Lockerung der Beschränkungen ab der zweiten Aprilhälfte denkbar.

Diese Strategie verfolgen wahrscheinlich auch andere Länder. Nicht umsonst heißt es „Testen, testen, testen“.