Die Regierung legte eigentlich immer großen Wert auf ihr gesamtheitliches Erscheinungsbild, strahlte Harmonie aus. Es sah danach aus, als wären Türkis und Grün von der Vorsehung auserwählt worden, ohne Tricks und ohne versteckte Fouls zusammenzuarbeiten. Sie vermittelte fast so etwas wie eine gesunde Familienidylle. Die ideale Regierung also, die auch vom Bundespräsidenten, der ja bekanntlich ein ehemaliger Grünen- Chef ist, einigermaßen mit Wohlwollen gesehen wird. (Das „einigermaßen“ bezieht sich natürlich nicht auf die Grünen, sondern auf die Türkisen.) Dass dieses politische Schönwetter aber kein Dauerhoch ist, zeichnete sich schon mehrmals ganz dezent ab. Der Kanzler sagte „Hüh“, der Vizekanzler „Hott“. Die Grünen wollen mehr Grün in die Wirtschaft, auch in der Migrationsfrage gibt es grundsätzliche Differenzen. Es ist also nicht alles so eitel Wonne, wie es auf den ersten Blick ausschauen soll.
Jetzt wird aber die Gangart etwas rauer. Der grüne Gesundheitsminister erreichte nämlich mittlerweile Beliebtheitswerte, die von Türkis vermutlich gar nicht so gern gesehen werden. Deshalb wird der werte Herr Anschober jetzt auch ziemlich offen attackiert. Aber nicht nur wegen seines völlig daneben gegangenen „Ostererlasses“, der ja, kaum verkündet, sofort wieder ersatzlos zurückgezogen wurde. Nein, er wird für alle nicht der Verfassung entsprechenden Gesetze des „Corona- Pakets“ verantwortlich gemacht. Und um das deutlich zu machen, erklärte Kanzleramtsministerin Edtstadler: „Wenn Bundesminister Rudolf Anschober der Meinung ist, dass die Verordnungen und Erlässe aus seinem Ressort nicht gesetzes- und verfassungskonform sind, erwarte ich mir, dass er die Sache in die eine oder andere Richtung rasch klärt und die Bevölkerung nicht lange in Unsicherheit lässt“. Dabei gibt es schon eine vom Gesundheitsminister einberufene „Expertenrunde“, um Corona- Gesetze und Erlässe auf Gesetzeskonformität überprüfen zu lassen. In der Sache soll auch nicht vergessen werden, dass vor längerer Zeit schon Kanzler Kurz sinngemäß sagte, dass der Gesundheitsminister mit seinen Erlässen die Richtung vorgegeben habe und das Ganze dann in Gesetze verpackt wurde.
Wenn die Krise mehr oder weniger überstanden ist, wird sich in der Regierung was tun. Vielleicht gibt es ein „Burn- Out 2.0“, vielleicht etwas anderes.