Man kann auch einmal froh sein über die Einschränkungen in der Coronakrise. Das ist z. B. rund um den „Europatag“ am 9. Mai der Fall, denn Coronabedingt gibt es so gut wie keine öffentlichen Festlichkeiten. Eigentlich werden ja zwei „Europatage“ gefeiert. Einmal am 5. Mai; da wird der Gründung des Europarates am 5. Mai 1949 in London gedacht und der zweite EU- Jubeltag ist eben der 9. Mai, der an die sogenannte „Schuman- Erklärung“ am 9. Mai 1950, also vor 70 Jahren, erinnert. Diese heute bejubelte Schuman- Erklärung des damaligen französischen Außenministers Schuman führte ja zur Gründung der sogenannten Montanunion, der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“, aus der sich so nach und nach die heutige Europäische Union entwickelte. Wäre ja interessant zu wissen, ob Schuman seine Rede auch gehalten hätte, wenn er gewusst hätte, was aus seiner Idee wird. Die ursprüngliche Produktionsgemeinschaft für Kohle und Stahl, die sogenannte Montanunion, war ja in erster Linie als Wirtschaftsabkommen zwischen mehreren europäischen Staaten gedacht und das war ja an sich eine gute Idee. Dass die Regierungen der beteiligten Staaten involviert sein mussten, ist klar; sie mussten ja die rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Was dann aber daraus wurde, dass nämlich die Politik immer mehr in den Vordergrund rückte, die Montanunion sich wandelte zur EWG, dann zur EG und letztendlich zur heutigen EU, ist eine andere Geschichte, die für kaum jemanden vorhersehbar war und wo auch nicht bekannt ist, wer die treibenden Kräfte dieser Entwicklung waren und sind, wer da Regie führt.
Durch Corona bleibt uns heuer also einiges an öffentlichen EU- Jubelfeiern erspart, es gibt aber viele Veranstaltungen im Internet. Und da am Tag vor dem Europatag, am 8. Mai, des offiziellen Endes des 2. Weltkrieges gedacht wird – in Russland gilt das für den 9. Mai, da es zum offiziellen Ende des 2. Weltkrieges um Mitternacht in Russland schon 2 Uhr morgens des 9. Mai war – wird von vielen Politikern übergangslos von einem Thema- Kriegsende- zum anderen Thema- Europatag- gewechselt. Es wird dabei selbstverständlich auch nicht darauf vergessen, auf die großen Vorteile der EU gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt in der Coronakrise hinzuweisen und die EU zu loben und zu preisen. Von den Gegenstimmen, die es natürlich auch gibt, ist wenig zu hören. Die weisen nämlich auf vieles hin, was gerade im finanziellen Bereich in der EU falsch läuft – und das ist viel – und wo gegen die eigenen Regeln verstoßen wird. Da wird beispielsweise auf die nicht kalkulierbaren Risiken der Vergemeinschaftung von Schulden hingewiesen, die Nettozahler wie Österreich in den Ruin treiben kann.