Was gab es doch im April ein Geschrei und Empörung und gekünstelte Entrüstung in der EU- Tintenburg in Brüssel, bei den Regierungen einiger EU- Staaten und bei diversen NGO´s wegen Ungarn. Das ungarische Parlament hat nämlich im Zuge von Corona- Maßnahmen ein sog. Notstandsgesetz verabschiedet, mit dem Ministerpräsident Orban gewisse Vollmachten zugestanden wurden. Und da Orban ja sowieso permanent bekrittelt wird, war dieses Notstandsgesetz wieder einmal ein willkommener Anlass für Empörung und Entrüstung. Von Brüssel bis wer- weiß- wohin sah man schon eine neue Diktatur auf der politischen Bühne Ungarns aufmarschieren, von der die „Werte der EU“ unter ihren Stiefeln zertreten werden. Kritiker empörten sich z. B. auch über eine Verlängerung von coronabedingten Ausgangsbeschränkungen, wie sie in ähnlicher Form, teilweise sogar wesentlich strenger, in anderen EU- Staaten herrschten. Auch in Österreich herrschten Regeln, die mit 1. Mai teilweise gelockert, teilweise aber sogar verschärft wurden. Die EU- Chefin von der Leyen drohte Ungarn jedenfalls mit einem Vertragsverletzungsverfahren und sagte warnend: „Ich bin bereit zu handeln, wenn die Einschränkungen das erlaubte Maß übersteigen“. Die Festlegung, was „erlaubtes Maß“ ist, würde wohl auf demokratische Weise die EU- Chefin treffen. Dabei hat jedes Land seine eigenen, von anderen Ländern abweichende, Corona- Schutzmaßnahmen. Auch in Österreich wurden wegen der Coronakrise jede Menge Erlässe und Verordnungen und auch Gesetze geschaffen, die nicht unbedingt einer rechtlichen Überprüfung standhalten; das ist auch bekannt und die Aufregung hält sich in Grenzen. Und auch in Deutschland gibt es seit 1968 Notstandsgesetze. Sie kamen aber noch nie zur Anwendung und sie betreffen einen äußeren Notstand, einen inneren Notstand und den Katastrophenfall. Die meisten Bürger werden wahrscheinlich gar nichts davon wissen.
In Ungarn wurde die Suppe jedenfalls am Köcheln gehalten, bis zum 15. Mai. Da wurde den Orban- Lästerern und Ungarn- Kritikern der Wind aus den Segeln genommen. Plötzlich lauteten die Schlagzeilen in den Medien: „Orban: Corona- Notstandsbefugnis soll Ende Mai enden“ oder „Viktor Orban steckt zurück“ oder „Orban gibt Macht ab – Ungarn: Corona- Notstandsbefugnis bis Ende Mai“ oder „Orban gibt Sondervollmachten zurück“. Als Orban sagte, das Notstandsgesetz habe nur Gültigkeit auf die Dauer der Coronakrise, wurde ihm das nicht geglaubt, wurde ihm unterstellt zu lügen. Jetzt stehen die Schreihälse mit langen Gesichtern da.
P. S.: In Österreich wurde auch schon daran erinnert, ich glaube sogar vom Bundespräsidenten, dass die Gesetze, Verordnungen usw. bezüglich Corona ein „Ablaufdatum“ haben müssen, dass sie mit Ende der Coronakrise außer Kraft gesetzt werden müssen. Das scheint nämlich nicht so sicher zu sein.