Unser Bundespräsident, der österreichische Bundespräsident Van der Bellen also, wird als einziger Politiker vom Volk direkt gewählt und hat die Interessen aller Österreicher zu vertreten; theoretisch ohne Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Personen, Personengruppen oder Parteien. Zu seinen Aufgaben und Rechten gehört beispielsweise, die Regierung oder Regierungsmitglieder (auch auf Vorschlag) zu ernennen oder zu entlassen, Bundesgesetze zu unterschreiben, Staatsverträge abzuschließen (da stellt sich die Frage, ob der ESM, der Österreich finanziell ruinieren kann und den der damalige Bundespräsident Fischer mit Freude und Begeisterung unterschrieb, ein Staatsvertrag ist), Verleihung von Ehrenzeichen usw. Und jetzt wird vermeldet, dass sich in Wien Bundespräsident Van der Bellen mit den Botschaftern aller EU- Staaten trifft, um „ein Zeichen für die Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit“ zu setzen.

  Jetzt hat Österreich eh schon ich weiß nicht wie viele Abgeordnete, Delegationsleiter, einen Kommissar, Vizepräsidenten, Beamte, Lobbyisten und wer weiß was sonst noch alles in den EU- Institutionen in Brüssel, Straßburg, Luxemburg sitzen und der Kanzler und andere Regierungsmitglieder sind häufig in Brüssel, um dies und das und alles mögliche zu besprechen und sich Anweisungen abzuholen und Bericht zu erstatten und man möchte meinen, das müsste mehr als ausreichend sein an Kommunikation und Kontaktpflege. Aber nein; jetzt muss der Bundespräsident auch noch aktiv werden auf EU- Ebene. Ist das seine Aufgabe oder bloß eine Fleißaufgabe?

  Nach dem Treffen erklärte der Bundespräsident: „Die EU ist jetzt, in der Phase des wirtschaftlichen Neustarts, besonders gefordert, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen …“ und die EU- Staaten können „die vor uns liegenden Herausforderungen nur in enger Zusammenarbeit und gut abgestimmt bewältigen“. Da möchte man meinen, dass dafür die EU- Kommission, der Rat und diverse Gremien zuständig wären und nicht unser Bundespräsident und die Botschafter der EU- Staaten in Österreich (oder wird befürchtet, dass dort nur taube Nüsse und unfähige Pfeifen sitzen?) Und Van der Bellen forderte auch, dass die vier Grundfreiheiten des EU- Binnenmarktes, nämlich der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital, so rasch wie möglich wieder in vollem Umfang gewährleistet sind.

  Das könnte man jetzt, ohne boshaft sein zu wollen, als Wink mit dem Zaunpfahl an die österreichische Regierung sehen. Immerhin sind Österreichs Grenzen noch nicht ausnahmslos und ohne Einschränkung offen und neben der Polizei sind auch noch Soldaten an der Grenze tätig. Es könnte aber auch sein, dass der Bundespräsident ganz einfach wieder einmal Richtung Brüssel unter Beweis stellen wollte, welch „glühender und überzeugter Europäer“ er doch ist.