In fast allen österreichischen Medien gab es jetzt eine fast gleichlautende Meldung; sie lautete in etwa: „Umstrittenes König- Abdullah- Zentrum verlässt Wien“ Diese Einrichtung wurde 2012 von den Gründerstaaten Österreich, Spanien und Saudi- Arabien ins Leben gerufen und holte den Vatikan mit Beobachterstatus dazu. Umstritten war diese Einrichtung, deren offizielle Bezeichnung „König- Abdullah- Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog“ lautet, schon immer. Es stand von Anfang an in der Kritik und kaum eröffnet, wurde von vielen Seiten die Schließung gefordert. Und Kritikpunkte gab es mehr als genug und sie bezogen sich fast ausnahmslos auf die Saudis. Da ist einmal die Finanzierung durch die Saudis (passt in gewisser Weise eh; warum soll Österreich dafür bezahlen – oder tut es das etwa doch?) Allerdings lautet der Vorwurf, dass die Saudis auch Hass- und Hetzprediger, Koranschulen, höchst umstrittene islamische Vereine usw. in Österreich finanzieren. Dann gibt es das Problem mit den Menschenrechten und speziell mit den Rechten der Frauen bei den Saudis, grobe Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. (Einzige rühmliche Ausnahme: Frauen dürfen mittlerweile selbst Auto fahren.) Das betrifft dort die eigene Bevölkerung, aber erst recht die Millionen von Gastarbeitern, die z. T. wie Sklaven gehalten werden. In einem solchen Land, in einem solchen System, wird auch keine Kritik geduldet. Das weiß die Welt spätestens seit dem Tod des saudischen Journalisten und Regimekritikers Jamal Kashoggi. Der wurde ja im Saudi- arabischen Konsulat in Istanbul getötet, zerstückelt und in Säure aufgelöst. Und während große Teile der westlichen Militärmächte mehr oder weniger ernsthaft in Syrien und im Irak den IS bekämpften, unterstützten die Saudis die IS- Terroristen. Da in Saudi- Arabien die Scharia, das islamische Rechtssystem, herrscht, gibt es neben Amputationen auch die Todesstrafe. Sie wird hauptsächlich durch Enthaupten vollstreckt. (Die Scharia regelt ja „das gesamte Leben der Gläubigen, in sämtlichen Bereichen, öffentlich und privat, bis hin zu den alltäglichsten Verrichtungen“, wie nachzulesen ist. Und das, obwohl die Scharia kein Gesetzbuch im üblichen Sinne ist, wie z. B. das „Allgem. Bürgerliche Gesetzbuch“ oder ähnliche Werke.
Demokratische Reformen hatten bisher keine Chance in Saudi- Arabien, wurden meist im Keim erstickt. Dann gibt es noch einen Vorwurf, über den aber aus irgendwelchen Gründen kaum gesprochen wird: Die Saudis nehmen keine Flüchtlinge auf. Als die Flüchtlingsströme vom Irak, von Afghanistan, von Syrien einsetzten, gab es keine Unterstützung von den Saudis für ihre Nachbarn. Sie begründeten das mit dem Argument, dass sie „ethnische Unruhen“ befürchten. Dabei wären das großteils Menschen mit gleichem Glauben, gleicher Sprache, aus dem gleichen Kulturkreis.
Einen besonderen Bezug zum Abdullah- Zentrum hat Österreich auch: Da ist Frau Claudia Bandion- Ortner. Sie ist Richterin, war Justizministerin – und bis Anfang 2015 Vize- Generalsekretärin des König- Abdullah- Zentrums. Diese Frau setzte sich im Oktober 2014 so richtig in die Nesseln, als sie in einem Interview erklärte, dass es in Saudi- Arabien „nicht jeden Freitag“ sei, dass geköpft wird und dass das bodenlange schwarze Kleid namens „Abaya“ ein „angenehmes Kleidungsstück“ sei. Und auch Ex- Bundespräsident Fischers Beziehung zum Abdullah- Zentrum ist erwähnenswert. Er betonte in der Eröffnungsrede eines Kongresses im vergangenen Herbst „die Notwendigkeit des Zentrums für den interkulturellen Dialog und den Kampf gegen Hass und Hetze im Namen der Religion“ und dass es im Kampf gegen Intoleranz durchaus auch Erfolge gebe und das Abdullah- Zentrum im Einklang mit Resolutionen der UNO arbeite. Nur; von Toleranz gegenüber Anhängern nicht- islamischer Religionen ist nichts bekannt. Im Gegenteil: Sogar die Schiiten gelten für die wahabitischen Sunniten Saudi- Arabiens als Feinde. Das sieht man am Verhältnis der Saudis zum Jemen und zum Iran, wo es unter anderem um die religiöse Vorherrschaft geht. Aber Heinz Fischer steht auch voll hinter Nordkorea.
Und jetzt soll diese Einrichtung also geschlossen werden, soll nach Genf übersiedeln und einige Politiker fragen sich besorgt, ob diese Absiedelung für Österreich eh keine negativen Folgen hat. Und als im vorigen Jahr im Nationalrat die Schließung gefordert wurde, legte sich die ÖVP als einzige Partei quer.