Das Feilschen im Basar zu Brüssel um das EU- Budget für den Zeitraum 2021 bis 2027 wird jetzt intensiver. Dieses Budget der EU- 28, also noch mit Großbritannien, betrug für den Zeitraum 2014 bis 2020 laut Euractiv „959, 988 Milliarden Euro an Mitteln für Verpflichtungen“. Das war 1 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). Und jetzt sind die Briten als Nettozahler weg und Brüssel will von den verbleibenden 27 EU- Mitgliedern mehr Geld. Als die Diskussionen losgingen, sagte Kanzler Kurz: „Wir bezahlen nicht mehr“. Das war natürlich nur so dahergeredet, denn der Beitrag von 1 Prozent wird an der Wirtschaftsleistung bemessen und die österreichische Wirtschaftsleistung war 2019 höher als vorher. Ein Prozent von 400 Milliarden ist was anderes als z. B. von 360 Milliarden. Also zahlt Österreich mehr, auch wenn es bei einem Prozent bleiben sollte. Aber bei einem Prozent wird es nicht bleiben. Einige Unverschämte forderten zu Beginn der Diskussionen gleich einmal 1,3 Prozent, um den Ausfall des Briten- Beitrages zu ersetzen. (Einer der unverschämtesten Forderer war übrigens der österreichische Budgetkommissar Hahn). Der Beitrag der Briten wurde ja immer mit etwa 12 oder 14 Milliarden angegeben, es wurden aber die Rückflüsse in Form von EU- Förderungen in Höhe von etwa 6 Milliarden nie erwähnt.

  Als die Forderung von 1,3 Prozent auf Widerstand stieß, wurde auf 1,17 Prozent oder irgendwo in der Größenordnung reduziert. Irgendwann tauchten aber auch Forderungen nach eigenen Einnahmequellen der EU auf; zusätzliche Einnahmequellen natürlich. Irgendwelche Steuern also, die den Nationalstaaten entzogen werden sollen oder die EU- Bürger zusätzlich belasten sollen. Und jetzt legte der belgische Ratspräsident Charles Michel ein neues „Angebot“ vor. Er will ein Budget von 1.074 Milliarden Euro und zusätzlich den sogenannten „Corona- Aufbaufonds“ in Höhe von 750 Milliarden. Das wäre eine Belastung von etwa 2 Prozent. Als „Zuckerl“ bietet er im Gegenzug an, dass Länder wie Österreich weiter ihre Rabatte auf EU- Beiträge bekommen. (Jetzt bin ich irritiert: Wurde nicht häufig gesagt, Kanzler Schüssel hätte den EU- Beitrag freiwillig verdoppelt und jetzt heißt es, Österreich bekommt Rabatt?) Die geforderten 1.074 Milliarden sind übrigens um lächerliche 13 Milliarden weniger, als im Februar gefordert wurde. Und mit dem Rabatt sollen die „Sparsamen Vier“, zu denen auch Österreich gehört und die den Großteil der 750 Milliarden des Corona- Aufbaufonds als Geschenk ablehnen, weichgeklopft werden. Dabei sind die 750 Milliarden nicht alles, was die bedürftigen EU- Mitglieder bekommen sollen; da sollen angeblich noch ein paar hundert Milliarden aus dem ESM dazu kommen. Für Österreich würde sich die Zahlung nochmals erhöhen. Und trotzdem ist zu bemerken, dass der Widerstand von Kanzler Kurz zu bröckeln beginnt. Er wird also, so wie jedes Mal noch, letztendlich umfallen und zustimmen und das „wir werden nicht mehr zahlen“ hat er wohl nie gesagt.

  Jetzt hat sich auch Luxemburgs Premierminister Bettel bei den Verhandlungen zu Wort gemeldet; er forderte die „Sparsamen Vier“ auf, ihren Widerstand gegen das Verschenken von 750 Milliarden des „Corona- Aufbaufonds“ aufzugeben und meinte: „Nur Kredit zu vergeben, mit Verlaub, das ist doch irre, das macht ökologisch keinen Sinn … Man kann Ländern, die schon über beide Ohren verschuldet sind, nicht sagen, wir helfen dir, aber du musst die Hilfen zurückzahlen“.

  Mir scheint, es ist irre, der leichtsinnigen Extrem- Verschuldung wie z. B. in Italien, einen Freibrief auszustellen. Damit wird die Situation nicht verbessert und diese Geschenke kann sich niemand leisten. Auch nicht Luxemburg, dessen Premierminister den Mund ziemlich voll nimmt.

P. S.: Der Widerstand von Kanzler Kurz (der ja einer der „Sparsamen Vier“ ist) gegen das Verschenken von 500 Milliarden des insgesamt 750 Milliarden schweren „Corona- Aufbaufonds“ scheint wirklich zu bröckeln. Gestern war nämlich auf „Lost in Europe“ zu lesen: „Österreichs Kanzler Kurz hat sich im Streit um den Wiederaufbau kompromißbereit gezeigt. Nun geht es darum, den niederländischen Premier Rutte umzustimmen…“