Vor einer Woche war in Weißrussland Präsidentenwahl und Präsident Lukaschenko wurde zum ich weiß nicht, fünften oder sechsten Mal mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt (oder ließ er sich mangels Alternativen zum Präsidenten wählen?) Die Gesetze werden wohl so sein, dass das möglich ist. Ob diese Gesetze aus westlicher Sicht auf demokratische Weise zustande kamen, ist eine andere Sache. Und es ist die Sache von Weißrussland. Jetzt plärrt der Westen und im Besonderen die EU, dass da ganz sicher Wahlbetrug im Spiel gewesen sein muss. Das ist schon möglich oder vielleicht sogar wahrscheinlich. Niemand weiß es genau, es kann nur vermutet werden. Daran ändert sich auch nichts, wenn ein ehemaliger grüner Abgeordneter sagt, dass es schon vor 20 Jahren so war. Nach der Wahl kam es zu Massendemonstrationen, die von Polizei und Militär aufgelöst wurden. Tausende Demonstranten wurden festgenommen, die bei der Wahl unterlegene Kandidatin der Opposition setzte sich ins Ausland ab.

Jetzt ein Vergleich: Wie oft wurde z. B. Angela Merkel schon zur Kanzlerin gewählt? Gut; es ist zur Zeit ihre letzte Regentschaft, aber gar so weit weg von Lukaschenko ist sie nicht und ihre Gegner von der Opposition zerbröselten neben ihr. Der Unterschied ist nur: In Weißrussland hat der Präsident das Sagen, in Deutschland die Kanzlerin. Und Wahlbetrug gibt es nicht nur außerhalb der EU – trotz der oft zitierten Werte gibt es dieses peinliche Phänomen auch in der EU, und nicht nur als Einzelfall und fast immer zum Nachteil ungeliebter Parteien. Nur; das, was in der EU aufgedeckt wird, ist nachgewiesen. Das heißt aber noch lange nicht, dass alles aufgedeckt wird. Der Unterschied liegt dann nur in der – vermuteten – Größenordnung des Wahlbetrugs. Und bei Demos kann auch in der „Werte- Union“ die Polizei kräftig zulangen. Als Beispiele reicht ein Blick zurück nach Frankreich, zum Höhepunkt der „Gelbwesten“- Demos. Die Polizei ging nicht gerade de- eskalierend vor und dass es dabei wesentlich mehr als einen oder zwei Tote gab, davon spricht man nicht gerne. Und auch nicht davon, dass Präsident Macron da auch eine militärische Sondereinheit einsetzte. Oder die G20- Demos vor ein paar Jahren in Hamburg, bei denen ein ganzes Stadtviertel in ein Trümmerfeld verwandelt wurde und es Hunderte Verletzte gab. Oder schwere Auseinandersetzungen vor ein paar Jahren in Spanien oder Griechenland. Allerdings wurden bei diesen Demos nicht tausende Demonstranten festgenommen wie jetzt in Weißrussland. Unter anderem deshalb, weil da wie dort die Gefängnisse längst überfüllt waren. Ob die Entwicklung in Weißrussland in die Richtung geht wie 2014 in der Ukraine, als nachweislich vom Westen ein Putsch inszeniert wurde, wird sich in nächster Zeit zeigen. Darüber wundern dürfte man sich jedenfalls nicht. Und jetzt hat sich die EU auf neue Sanktionen gegen Weißrussland geeinigt; wegen der Polizeigewalt gegen Demonstranten und auch, weil die EU mit dem Wahlergebnis nicht zufrieden ist. Es sollen auch Einzelpersonen sanktioniert werden, „die … bei Wahlfälschungen, aber auch bei der Gewalt gegen Demonstranten unrühmlich in Erscheinung getreten sind“, heißt es.

Basieren diese kommenden Sanktionen auf der Stärke irgend eines Rechts oder nur auf dem Recht der Stärke bzw. des Stärkeren? Und was würde ein EU- Staat sagen, wenn eine fremde Macht mit einem Wahlergebnis nicht zufrieden wäre und mit Sanktionen drohen würde? Fällt da, was die „Werte- Union“ hier macht, nicht schon unter Wahlbeeinflussung?