Wolfgang Schäuble, der jetzige Bundestagspräsident und frühere Finanzminister Deutschlands, hat wieder einmal eine glorreiche und schrille Idee; er fordert eigene Einnahmequellen für die EU. Er vermeidet aber wohlweislich das Wort „Steuern“, er spricht von „eigenem Einkommen“ und „eigenen Einnahmen“. Das heißt, die Mitgliedstaaten sollen, wenn es nach Schäuble geht, nicht nur einen sehr hohen bzw. zu hohen EU- Beitrag zahlen und auch die Geldgeschenke des EU- Wiederaufbaufonds, sondern auch noch in irgend einer Form ein eigenes Einkommen der EU finanzieren. Er hat da auch eine konkrete Idee, sagt in einem Interview: „Wenn Sie die Einnahmen aus einem vernünftigen CO2- Preis der Europäischen Union zufließen lassen, käme einiges zusammen“. Diese CO2- Steuer, die es in einigen EU- Staaten schon gibt bzw. auf jeden Fall kommen wird, soll also der EU zugute kommen, also den EU- Staaten entzogen oder gar doppelt kassiert werden; wer weiß. Und Herr Schäuble begründet das so: „Wenn diese Krise nicht groß genug ist, um die Integration voranzubringen, welche dann?“ Die Frage ist allerdings: Von welcher Integration im Zusammenhang mit eigenen EU- Einnahmen spricht Schäuble eigentlich?
Dass Herr Schäuble von eigenem EU- Einkommen bzw. eigenen EU- Einnahmen spricht und nicht von EU- Steuer, dürfte gute Gründe haben. In Österreich z. B. haben per Gesetz ausschließlich der Bund, die Länder und die Gemeinden das Recht, Steuern einzuheben; die sogenannte Steuerhoheit und das wird in anderen Ländern nicht viel anders sein. Die EU hingegen greift mittels Richtlinien in die nationale Steuerpolitik ein. Es sollen so innerhalb der EU die Steuern vereinheitlicht werden und es sollen auf diese Weise Steuerparadiese verhindert bzw. abgeschafft werden. Sollen. Konkret heißt das, die EU- Richtlinien müssen in nationale Gesetze umgesetzt werden. In einem „EU- Factsheet“ heißt es unter „Allgemeine Steuerpolitik“: „Die Steuerhoheit kommt den Mitgliedstaaten zu, die EU hingegen verfügt in diesem Bereich nur über begrenzte Zuständigkeiten …“ Auf gut deutsch heißt das, die EU hat keine Steuerhoheit. Was sie aber nicht daran hindern wird, wieder einmal eine ihrer eigenen Regeln zu brechen. Heißt es nicht ganz treffend: „Regeln sind dazu da, um gebrochen zu werden“?
Das Gerücht von eigenen EU- Steuern geistert ja schon längere Zeit herum. Schäuble hat es jetzt, ob rechtlich gedeckt oder nicht, konkretisiert. Es ist dies allerdings nicht das erste Mal, dass Schäuble mit einer schrillen Idee daherkommt. Im Juni 2016 z. B. meinte er: „… Die Abschottung ist doch das, was uns kaputt machen würde, was uns in Inzucht degenerieren ließe. Für uns sind Muslime in Deutschland eine Bereicherung unserer Offenheit und unserer Vielfalt …“ Dabei sagte er kurz vorher noch genau das Gegenteil.