Der Fall sorgte für Aufsehen, als es passierte und er sorgt auch jetzt – zu Recht – nach der Verhandlung für Aufsehen. Zur Erinnerung: Anfang Juni 2020 wurde kurz vor Mitternacht am Linzer Hauptplatz ein einzelner 38-jähriger Mann von einem 16-jährigen Hobbyboxer, der mit Freunden unterwegs war, mit einem gezielten Faustschlag niedergeschlagen. Der 38-Jährige sank bewusstlos zu Boden, der Schläger und seine Freunde verschwanden mit der Straßenbahn. Mit Hilfe von Zeugen und Videoauswertung wurde der Täter ausgeforscht. Es war ein 16-Jähriger (ohne weitere Angaben in den Medien), der nach Anzeigenlegung „in die Obhut seiner Eltern“ übergeben wurde. Das 38-jährige Opfer, Vater von drei Kindern und angehender Baumeister, starb drei Tage nach der Prügelattacke. Der junge Schläger wurde wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang angezeigt.
Vor ein paar Tagen war die Verhandlung. Während der Angeklagte in den Medien weiterhin ein „anonymes Wesen“ blieb, gab es vom Opfer schon ab dem ersten Bericht viele Details inclusive unverpixelter Bilder – und in einem online- Artikel vor der Verhandlung sogar die mehr als unnötige und respektlose Angabe seines Blutalkoholspiegels zum Zeitpunkt des Niederschlags. Ob die Ermittlung dieses Wertes rechtens war, wäre auch interessant zu wissen. Der junge Täter gab bei der Verhandlung an, sich von seinem späteren Opfer, das er vorher schon bei einem Lokal getroffen hatte, bedroht gefühlt und „in Notwehr“ zugeschlagen zu haben. Der Hobbyboxer und frühere Judokämpfer hatte aber vor der „Notwehrreaktion“ noch Zeit gefunden, seine Bauchtasche abzulegen. Seine Freunde, die als Zeugen befragt wurden, gaben zum Tathergang übrigens verschiedene Geschichten zum Besten.
Der „junge Bub“ kam mit einem Urteil davon, welches vor ein paar Jahren noch jeder Mensch mit gesundem Rechtsempfinden für undenkbar gehalten hätte: Zwei Jahre bedingte Haft, allerdings noch nicht rechtskräftig. Und genauso wenig verständlich wie das Urteil selbst ist die Tatsache, dass die Staatsanwältin eine „gänzlich bedingte Strafe im unteren Bereich“ forderte! Das ist der Inbegriff von „Täterschutz statt Opferschutz“. Und da im Urteil den Hinterbliebenen ein Trauerschmerzensgeld in Höhe von 29.000 Euro zugesprochen wurde, wird der junge Täter jetzt auch noch bedauert. Bis jetzt ist aber nicht klar, ob er dieses Geld jemals zahlt bzw. zahlen kann und will und da über den Täter absolut nichts bekannt ist (warum eigentlich?), nur Vermutungen angestellt werden können, dazu eine aktuelle und interessante Geschichte:
In Vorarlberg wurde im Februar 2019 ein Amtsleiter an seinem Arbeitsplatz erstochen. Von einem Mann, der gar nicht in Österreich hätte sein dürfen. Vor einem Jahr wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt; in ein paar Wochen findet die Berufungsverhandlung über die Strafhöhe statt. Die Opferfamilie hat jetzt die Republik Österreich auf Schadenersatz geklagt. Die Familie begründet die Klage damit, dass der Täter gar nicht in Österreich bzw. nicht in Freiheit sein hätte dürfen, da er wegen wiederholter Rechtsverstöße abgeschoben und mit unbefristetem Rückkehrverbot belegt wurde.
Vielleicht sollte auch im Fall des getöteten 38.Jährigen geprüft werden, ob eine ähnliche Klage möglich wäre.