Eine sonderbare Allianz zeigt auf, dass es im „Haus Europa“, also in der EU, anscheinend verdächtig knirscht und knarrt. Wie sonst ist es erklärbar, dass sich die „überzeugten Europäer“, andere sehen sie als die „krankhaften EU- Fanatiker“, zu einer „EU- Rettungsaktion“ zusammengetan haben. Es sind dies: Der Ex- Bundeskanzler Christian Kern von der SPÖ, der amtierende Vizepräsident des EU- Parlaments, Othmar Karas von der ÖVP bzw. in Brüssel von der EVP, und die Ex- Staatssekretärin Ulrike Lunacek von den Grünen. Sie wollen in einem Bürgerforum gegen die EU- Skepsis kämpfen und diskutieren und den Leuten erklären, „… dass wir diese EU sind“. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sollen dann in eine Zukunftskonferenz, die im EU- Parlament geplant ist, einfließen.
Und die Angst der „überzeugten Europäer“ vor der zunehmenden Skepsis gegenüber der EU scheint ja nicht ganz unbegründet zu sein. Polen und Ungarn werden seit Jahren attackiert und drangsaliert, es werden ihnen Vertragsverletzungsverfahren angehängt und Stimmrechte entzogen und Ungarn ist als Folge dieser Behandlung und wegen weiterer angedrohter Sanktionen aus der EVP ausgetreten. Es ist eine Frage der Zeit, bis diese Länder einen Schritt weiter gehen. Gegen Finnland leitete die EU- Kommission schon im Februar ein Vertragsverletzungsverfahren ein, weil es die EU- Gesetzgebung gegen Hassreden und Holocaust- Leugnung nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Die Finnen nehmen die Meinungsfreiheit sehr ernst und wollen sich nicht zwingen lassen, sich durch die EU- Direktive selbst zu entmündigen. In Frankreich läuft derzeit eine Petition, mit der ein Referendum über einen Verbleib in oder einen Austritt aus der EU (Frexit) erreicht werden soll. Als Grund dafür wird unter anderem angeführt, dass sich wegen des Brexit der EU- Beitrag der Franzosen um 5 Milliarden auf 29 Milliarden pro Jahr erhöht und dass zum „EU- Konjunkturprogramm“ welches den Franzosen 40 Milliarden kostet, sie nicht gefragt wurden. Und die Franzosen haben die rechtliche Möglichkeit, ein Referendum durchzusetzen. Es heißt: „Die nationale Souveränität gehört dem Volk, die es durch seine Vertreter und per Referendum ausübt …“ Und das wollen die Franzosen tun. Und auch in Italien rumort es. Dort wurde im vergangenen Jahr eine neue politische Partei gegründet, die sich „Italexit“ nennt. Der Gründer – ein Politiker, der früher der 5- Sterne- Bewegung angehörte, sagte in einem Statement: „Ich habe eine neue politische Bewegung gegründet, deren erstes Ziel es ist, … aus der Europäischen Union und aus dem Euro auszutreten – bevor der Euro das Leben der Italiener vollständig zerstört“. Ob das so einfach wird, sei einmal dahingestellt. Aber es ist jedenfalls eine klare Ansage. Und mit dem Chef der Technokraten- Regierung, die Italien momentan hat, wird das Problem noch vergrößert. Der Chef dieser Regierung, der Premierminister, ist nämlich Mario Draghi. Der Ex- EZB- Chef. Die Italexit- Fans, die Befürworter eines EU- Austritts, werfen ihm deshalb vor, immer noch im Interesse der EZB zu arbeiten. Und der Italexit- Gründer meint, dass der sog. Wiederaufbaufonds der EU nur dazu diene, die angeschlagenen Banken zu retten und nicht dazu, den Italienern bzw. der italienischen Wirtschaft zu helfen und er betont: “ …Das Geld wird an die Banken übergeben, die Bürger werden keinen Cent sehen“. Ob mit dem Wiederaufbaufonds- Geld in Italien Banken „gerettet“ werden oder nicht, ist eine Sache. Eine andere Sache ist die extreme Staatsverschuldung Italiens in Höhe von ungefähr 2,5 Billionen . In Euro, aus dem die „Italexisten“ austreten wollen. und dann gibt es noch das Target 2- System. Da ist Italien der größte Schuldner gegenüber der EZB mit ungefähr 470 Milliarden Euro.
Bei einem Austritt Italiens aus EU und Euro wäre in Europa dann mehr als nur der Teufel los. Und da sich auch in Österreich die Begeisterung für die EU ziemlich in Grenzen hält, verwundert es eigentlich nicht, wenn ob dieser Situation und gerade in der Krise in Österreich einigen „überzeugten Europäern“ die Köpfe zu rauchen beginnen.