Vor ein paar Tagen wurde berichtet, dass unter „Operation Zuflucht für Verbündete“ jene Menschen samt Familie aus Afghanistan ausgeflogen werden sollen, die die NATO- Truppen vor Ort unterstützt haben; als Übersetzer beispielsweise. Da war die Rede von bis zu 80.000 Personen. Allerdings war nicht eindeutig zu erkennen, ob das die Zahl der Helfer alleine oder mit Familienmitgliedern war. Diese Menschen sollen dann nach irgend einem Schlüssel unter den beim Militäreinsatz beteiligten Staaten aufgeteilt werden. Die USA sollen aber, wie schon zu hören war, sehr zurückhaltend sein, was die Aufnahme dieser Menschen betrifft. Den Großteil sollen wieder einmal die Europäer übernehmen. Allerdings sind da viele Fragen offen. Zuallererst: Wer bestimmt, dass diese Menschen ausgeflogen werden dürfen, nachdem jetzt die Taliban an der Macht sind? Die suchen ja schon nach diesen „Kollaborateuren“ und wollen sie bestrafen, womöglich mit dem Tod. Und wer bestimmt, wie viele Familienmitglieder mit ausreisen dürfen? Und was ist, wenn sich jemand nicht an die Vorgaben halten will? In diesen Regionen gibt es Großfamilien und Clans; davon weiß z. B. Deutschland ein trauriges Lied zu singen. Ein ganz wichtiger Punkt bei der Rettungsaktion ist der Faktor Zeit. Die fehlt aber den flüchtenden „Kriegshelden“, denn zuallererst müssen sie ihr Botschaftspersonal und eventuell sich noch im Land befindliche Staatsbürger ausfliegen und dann erst kommen die afghanischen Helfer samt Familien dran und die nur mit Fragezeichen. Schaffen die es noch bis zum Flughafen? Werden sie von den NATO- Staaten wie z. B. Deutschland tatsächlich ausgeflogen? Lassen sie die Taliban überhaupt ausreisen?

Die ganze Szenerie erinnert an die Flucht der US- Amerikaner samt Helfern und Verbündeten nach dem verlorenen Vietnam- Krieg im Mai 1975, als sich auf dem Flughafen von Saigon erschütternde Szenen abspielten. Und wenn jetzt US- Präsident Biden hinsichtlich der Flucht aus Afghanistan meint, es handle sich dabei um keinen „Saigon- Moment“, dann ist das ein Zeichen von Realitätsverweigerung. Zu befürchten ist nämlich auch, dass es jetzt vielen Afghanen so ergehen wird, wie es 1975 vielen Vietnamesen erging: Sie werden nicht gerettet, sondern den Siegern in die Hände fallen. Und wenn man sich jetzt veröffentlichte Videos von den Szenen am Flughafen Kabul anschaut, dann packt einem das Entsetzen. Wenn man sieht, wie sich Menschen an startende Maschinen klammern und letztendlich den Halt verlieren und herunterfallen, kann man deren Verzweiflung erahnen. Und es ist nicht das erste Mal, dass Verbündete im Stich gelassen werden.

Geschichte wiederholt sich.

P. S.: Es wurde von verschiedenen Medien berichtet, dass die Taliban Paschtunen sind; eine Volksgruppe von geschätzten bis zu 15 Millionen Menschen in Afghanistan und da laut Österreichischem Integrationsfonds die Paschtu- Sprache zu den Migrantensprachen gehört, dürften unter den afghanischen Flüchtlingen in Österreich auch viele Paschtunen = Taliban sein.