Man hätte meinen können, der Vorgänger der nicht gewählten EU- Chefin Ursula von der Leyen, also der Ex- EU- Kommissionspräsident Jean- Claude Juncker sei nach dem Ausscheiden aus dem Amt dem Vergessen preisgegeben worden. So wie viele andere Ex- EU- Politiker. Ohne ihn dadurch würdigen zu wollen, möchte ich da als Beispiel nur einen Kerl namens Martin Schulz („…so ruft doch: Martin, Martin!“) erwähnen, über den ja auch schon längere Zeit der Mantel des Vergessens gebreitet wurde. Bei Juncker war das aber ein Irrglaube. Dem wurde jetzt nämlich vom Wiener Bürgermeister Ludwig das „Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien mit dem Stern“ verliehen. Ob das eine Auftragsverleihung war oder die Erfüllung einer Bitte oder tatsächlich eine spontane Idee des Bürgermeisters, ist nicht bekannt. Bekannt ist hingegen, dass unser immer noch das Scheinwerferlicht suchende Altbundespräsident Fischer die Laudatio hielt. Irritierend bis peinlich sind die veröffentlichten Fotos der Ehrung; irgendwie nach Lust und Laune einmal mit und einmal ohne Maske. Peinlich die Lobhudelei bezüglich großer Europäer, Haltung, Charakter usw., die der Ex- Bundespräsident vorbrachte. Aussagekräftig, aber nicht minder peinlich (für den Wiener Bürgermeister) ist die Feststellung Junckers, dass er nicht genau wisse, warum er die Auszeichnung erhalte und welche besonderen Verdienste er um Wien vorzuweisen habe.
Juncker hat den Auftritt in Wien sicher genossen und wahrscheinlich auch die Kollegen und Genossen aus vergangenen Tagen und hoffentlich plagte ihn gegen Ende der Feierlichkeit nicht wieder einmal ein Ischias- Anfall.
P. S.: Im Casino Velden wurde Herr Juncker am 1. Oktober, also vor knapp drei Wochen, in Abwesenheit mit dem „Europaeus- Preis“ für seine Europapolitik ausgezeichnet. EU- Kommissar Johannes Hahn, der den Preis stellvertretend entgegen nahm, sagte dabei: „Jean- Claude und der Euro sind die letzten Verbliebenen des Maastricht- Vertrages“. Im August 2019 bekam Juncker – damals noch EU- Kommissionspräsident – beim berühmten Stanglwirt im Tiroler Going den „Großen Tiroler Adler“- Orden verliehen. Er betonte dabei, dass ihm Kritik an dieser Ehrung „scheißegal“ sei, denn: „Ich verdiene diese Auszeichnung“. Juncker wurde 2010 schon mit dem mit dem „Großen Goldenen Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich“ ausgezeichnet und erhielt im selben Jahr einen Ehrendoktor der Medizinischen Universität Innsbruck. Auszeichnungsmäßig gibt es also eine enge, fast schon als inflationär zu bezeichnende Beziehung zu Österreich.
Ein Sager von Juncker wird jedenfalls in Erinnerung bleiben, denn er könnte zum Leitmotto der EU werden. Er sagte: „Wenn es ernst wird, muss man lügen“. Und auch seine Steuertricksereien in Luxemburg mit Konzernmultis zum Schaden anderer Staaten, als er dort Finanzminister und Premierminister war, werden in Erinnerung bleiben.