In Österreich weiß man schon die längste Zeit nicht mehr so genau, was da so abläuft. Begonnen hat ja das politische Chaos mit dem „Ibiza- Video“. Die FPÖ ist seither schwer angeschlagen, der ehemalige FPÖ- Chef und Vizekanzler Strache erledigt – und das trotz der Tatsache, dass bis jetzt strafrechtlich gegen ihn eigentlich nichts herauskam. Und beim Ibiza- U- Ausschuss drehte sich plötzlich der Wind, der für die Öffentlichkeit unerwartet den „Strahlemann“- Kanzler Kurz, sein enges Umfeld und die Türkisen voll erwischte. Die „Chat- Affäre“ wurde aus der Taufe gehoben und in deren Folge auch die „Inseraten- Affäre“. Durch auf undurchsichtige Art und Weise in einige Medien geratenen Chats sieht sich der ÖBAG- Chef und Kurz- Vertraute Thomas Schmid zum Rücktritt gezwungen und der Kanzler Kurz zunehmend unter Druck gesetzt. Jener Thomas Schmid, der schon seit Jahren mit Kurz zusammenarbeitet. Plötzlich wird – als „Ergebnis“ des Ibiza- U- Ausschusses – von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gegen mehrere ÖVP- Leute, Minister und Ex- Minister, wegen Korruptionsverdacht und anderer Delikte ermittelt. Und es gibt Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmung von Datenträgern wie z. B. Smartphones, die wiederum für Unmengen an weiteren Chats sorgen. Und da gibt es jetzt Kritik an jener Person, die die Chats auswertet und bestimmt, was für die Ermittlungen relevant ist oder nicht. Und eventuell an die Medien weitergibt. Diese Person hat nämlich ein Naheverhältnis zum ermittelnden Staatsanwalt.

  Es entsteht schon fast der Eindruck, dass da eine Hexenjagd auf den Kanzler und auf die Türkisen veranstaltet wird. ÖVP- Leute gehen denn auch zum Gegenangriff über äußern Zweifel an der Korrektheit der Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft. Diese von der gesamten Opposition und den Grünen als „Attacke auf die unabhängige Justiz“ bezeichnete Skepsis der Türkisen löste einen Aufschrei der Empörung bei Opposition und Grünen sowie eine Rüge des Bundespräsidenten an die Türkisen aus. Irgendwann tauchten dann auch Belege für geschönte und frisierte Umfragen auf und eine Meinungsforscherin wurde kurzfristig festgenommen. (Solche geschönten Umfragen, so kann man jetzt hören, soll es aber auch bei den Roten in Wien gegeben haben). Ja, und irgendwann trat Kanzler Kurz „einen Schritt zur Seite“, trat zurück. Als Nachfolger wurde Außenminister Schallenberg als Kanzler angelobt. Eine seiner ersten Wortmeldungen ist, dass sich die Vorwürfe gegen Kurz über kurz oder lang allesamt in Luft auflösen werden.

  In der Öffentlichkeit taucht immer wieder die Frage auf, wie Unmengen an Chats sehr frühzeitig an gewisse Medien gelangen konnten, ob geplante Hausdurchsuchungen verraten wurden und wenn ja, von wem. Mit dieser Frage ist auch die Frage verknüpft, ob tatsächlich eine Hexenjagd gegen Ex- Kanzler Kurz und seine Türkisen im Gange ist oder ob die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft doch unabhängig und korrekt arbeitet. Und mit dieser Frage kommt auch die grüne Justizministerin unter Druck. Es wurde nämlich wieder eine Hausdurchsuchung verraten; „geleakt“, wie man das dezent umschreibt. Verraten aber nicht an den Betroffenen, der ein enger Kurz- Vertrauter ist, sondern an den Chefredakteur eines linken Blattes. Der „zwitscherte“ dann: „Wir haben aus Anwaltskreisen die Hausdurchsuchungsbefehl und viele andere Infos zur Razzia im Kanzleramt erhalten. wir arbeiten seit einigen Stunden an einem Bericht …“ Nur; einige Leute haben festgestellt, dass aus Anwaltskreisen die Hausdurchsuchungsbefehle nicht verraten werden konnten. Und zu dem Zeitpunkt, als angeblich seit einigen Stunden an einem Bericht gearbeitet wurde, war die Hausdurchsuchung erst ein paar Stunden im Gange. Aus Zeitgründen dürfte diese Durchsuchungsanweisung schon vor der Hausdurchsuchung zur Weitergabe an ausgewählte Personen vorbereitet worden sein. diese Geschichte verstärkt den Eindruck, dass doch eine „Treibjagd“ gegen Kurz und Co. abläuft. Dieser Eindruck wird dadurch noch verstärkt, dass sich jetzt auch die Rechtsschutzbeauftragte der Republik in dieser Sache zu Wort meldete, die Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kritisierte. Denn diese Razzien und die an ausgewählte Medien weitergegebenen Chats haben für eine Regierungskrise und zum Rücktritt des Kanzlers geführt. Die Rechtsschutzbeauftragte sagte: “ … Wer den Rechtsstaat vertritt, hat sich selbst an die Vorgaben des Rechtsstaats zu halten … Ich nehme wahr, wie fortlaufend versucht wird, Grenzen zu verschieben. Und das beunruhigt mich zutiefst …“ Sie stellt aber auch klipp und klar fest: „Der Zweck heiligt nicht die Mittel“.

  Es scheint, dass im Hause der Justizministerin einiges im Argen liegt. Offensichtlich herrscht aber medial (und auch politisch) nur mäßiges Interesse an einer korrekten Aufklärung. Aber die Justizministerin kommt trotzdem unter Druck.