Österreichs Regierung, so könnte man mittlerweile sagen, hat sich radikalisiert. Freilich schießen die Zahlen der positiv Getesteten aktuell durch die Decke; das stimmt schon. Aber dieser Besorgnis erregende Umstand ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Anzahl der Tests durch (Zwangs-) Maßnahmen der Regierung wie 3G und 2,5G extrem nach oben getrieben wurde. Jetzt wird eben voll Stolz verkündet: „Wir sind Test- Weltmeister“. Na super! Dafür waren es keine Einzelfälle, dass Testergebnisse erst nach Ablauf der Gültigkeit des Tests übermittelt wurden und das Testsystem zusammenbrach. Auch die Ausdrucksweise der Politiker gegenüber den Ungeimpften nahm an Schärfe zu („die Daumenschrauben andrehen“, „die Zügel anziehen“), genauso wie die Maßnahmen. Die nächste Eskalationsstufe war dann neben Gesprächen über eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen (da hätte man eventuell über Verletzung des Gleichheitsprinzips diskutieren können) ein weiteres Vorpreschen mit der Ankündigung einer generellen Impfpflicht für alle. Es wurden auch gleich eine Menge regierungstreuer Rechtsgelehrter aufgeboten, die keine rechtlichen Hürden für eine generelle Impfpflicht erkennen können. Wenig überraschend ist auch unsere Verfassungsministerin der Ansicht, dass nichts gegen eine Impfpflicht spricht. Dabei haben sich jetzt in einer Zeitungsumfrage mit 50.000 Teilnehmern satte 90 Prozent „gegen jeglichen Zwang zur Impfung“ ausgesprochen. Im Gegensatz dazu fordert ein österreichischer Verfassungsrechtler allen Ernstes eine „Zwangs- Isolierung“ für Ungeimpfte. Und ein ORF- „Star“ will, wie zu lesen ist, Ungeimpfte „radikal entfernen“.
Es geht, so hat man den Eindruck, nur um die Impfung. Darum, dass alle – auch die Kinder ab 5 Jahren, ob mit oder ohne Zulassung – geimpft werden. Zum ersten, zum zweiten, zum dritten Mal. Und es soll nur mit dem Pfizer- Impfstoff passieren. Es wird gejammert über die niedrige Impfquote in Österreich. Es wird aber kein Wort verloren über die Genesenen, die laut Meinung von Fachleuten eine „belastbarere und anhaltendere“ Immunisierung aufweisen als Geimpfte. Und das sind in Österreich etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung. Über die Genesenen wird also nicht nur nicht gesprochen, sondern denen wurde vom Gesundheitsminister der Genesenen- Status aberkannt und Antikörpertests zählen auch nicht mehr.
Es gab jetzt, zuerst wegen des „Lockdowns für Ungeimpfte“, der dann ja in einen generellen Lockdown umgemünzt wurde, und dann auch wegen der angekündigten Impfpflicht österreichweit Demonstrationen. Die größte gab es in Wien, die konnte beim besten Willen nicht mehr kleingeredet werden. Also wurde doch berichtet von z. B. „40.000 Teilnehmern“ oder „mehreren zehntausend Teilnehmern“. Die Medien brachten es nicht übers Herz, von „100.000 Teilnehmern“, die es tatsächlich gewesen sein dürften, zu berichten. Ist ja irgendwie komisch. Bei Demos gegen Corona- Maßnahmen werden die Teilnehmerzahlen nach unten gedrückt, so weit es geht. Bei BLM- oder Klimaschutzdemos verhält es sich genau umgekehrt. Dann gab es aber auch noch Demos in Linz, in Bregenz, in Salzburg. Wie üblich bei diesen Demos, wurde von der Anwesenheit von Rechtsextremisten und Neonazis und Gewalt berichtet, der Innenminister sprach von „aufgeheizter, aggressiver Stimmung“. Die Bilder sprachen aber eine andere Sprache.
Es heißt; „Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit“. Diesen Spruch sollten unsere Politiker auch beherzigen. Sie sollten eigentlich die Zeichen der Zeit erkennen. Diese Zeichen der Zeit verändern sich momentan. Es gab ja nicht nur Demos in Österreich. Es gab vor nicht allzu langer Zeit rund um Corona- Maßnahmen schwere Auseinandersetzungen in Italien, speziell im Hafen von Genua. Es gab jetzt Demos, z. B. vor der österreichischen Botschaft in Paris, gegen die österreichische Impfpflicht. Es gab mehrere Tage hintereinander Krawalle in mehreren Städten Hollands, bei denen sogar Demonstranten von der Polizei niedergeschossen wurden. Es gab Krawalle in Belgien wegen Corona- Maßnahmen der Regierung. Es gab schwere Ausschreitungen im französischen Überseegebiet Guadeloupe; Paris schickte Sondereinheiten dorthin. In Kroatien, in Dänemark, in Großbritannien wurde, wie überall sonst, gegen Lockdowns, gegen den Grünen Pass, gegen 2G und 3G, gegen Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder generell und Einschränkungen der Freiheitsrechte demonstriert. Regierungschefs österreichischer Nachbarländer verurteilten die Impfpflicht, sprachen sogar von faschistischen Maßnahmen.
Diese sich verändernden Zeichen der Zeit muss die Politik wahrnehmen. Es sind Zeichen an der Wand.