Vor ein paar Jahren nahm die Diskussion rund um Energiewende und Klimaschutz und E- Mobilität an Intensität zu. Da muss man noch vorausschicken, dass Deutschland beschloss bzw. beschlossen hatte, neben den Kohlekraftwerken auch sämtliche Atomkraftwerke abzustellen. (Die Frage, ob Müllverbrennungsanlagen weiter in Betrieb bleiben dürfen, kann ich nicht beantworten. Diese Frage kam mir nämlich erst jetzt in den Sinn). Klimawandel und Klimaschutz beschleunigte in letzter Zeit die Forderung nach Ausstieg aus der Kohle und anderen fossilen Brennstoffen und die Katastrophe von Fukushima verstärkte die Anti- Atom- Bewegung. Das war in Deutschland so, aber nicht unbedingt in anderen Ländern.
In Österreich z. B. entstand mit dem Bau des Kernkraftwerks Zwentendorf die Anti- Atomkraft- Bewegung. Dieses betriebsbereite Kernkraftwerk ist das einzige KKW weltweit, welches nie in Betrieb ging. Bei einer Volksabstimmung entschied sich nämlich eine hauchdünne Mehrheit gegen die Atomkraft. Es gibt in Österreich seither auch ein Bundesverfassungsgesetz für ein atomfreies Österreich. Seither herrscht auch eine gewisse Skepsis gegenüber der Atomkraft. In Frankreich ist das grundsätzlich anders, da werden fast drei Viertel des gesamten Stroms von Kernkraftwerken erzeugt. Und die Franzosen denken nicht daran, da gravierend was zu ändern. Auch andere Länder, wie z. B. Tschechien, die Slowakei oder Slowenien zeigen kein besonderes Interesse, aus der Atomkraft auszusteigen. Sie haben aber relativ störanfällige Reaktoren oder sind in erdbebengefährdeten Zonen.
Es wurde zwar die Solar- und Windenergie massiv forciert, aber irgendwann dämmerte es einigen Leuten, speziell in Deutschland, dass die Rechnung nicht aufgehen würde; mit dem Anstieg des Strombedarfs, dem Wegfall von Atomstrom und der Abstellung von Kohlekraftwerken. Denn die Industrie völlig auf Strom umstellen, die Mobilität zur Gänze bis hin zu Scootern nur mehr elektrisch und generell höherer Stromverbrauch, z. B. für Klimageräte, das könnte ein Problem werden und sogar zu Blackouts führen – mit verheerenden Folgen. Es kam, was kommen musste: Der Ruf nach mehr Atomstrom in der EU. Aber nicht einfach so. Nein, der Atomstrom soll als „grüner“ Strom eingestuft werden. Er soll als Klimaschutz- Investment gelten und somit sollen auch Förderungen durch die EU zulässig werden; im Sinne der Nachhaltigkeit. Als die EU- Kommission Zustimmung zu den Plänen von „grünem“ Atomstrom signalisierte, schrieben fünf Länder einen Protestbrief an die EU- Kommission. Es waren dies: Dänemark, Deutschland, Luxemburg, Spanien. Österreich. Zu den Unterzeichnern gehörte die österreichische Umweltministerin Gewessler. Das passierte vor ein paar Monaten. Mittlerweile werden durch die Taxonomie- Verordnung Atomenergie und auch Gaskraftwerke als umweltfreundlich eingestuft. Parlamentarier aus mehreren EU- Staaten laufen dagegen Sturm und fordern: „Die Kommission muss diesen Öko- Schwindel noch stoppen“.
Der Widerstand gegen die Entscheidung der EU- Kommission wird aber schwächer, die Front löst sich auf. Einzig unsere Ministerin Gewessler hat, so scheint es, noch nicht kapituliert. Sie predigt immer noch: „Atomkraft hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun“ und sie will das auch mit einem Rechtsgutachten nachweisen. Und sie sieht, wie viele andere Menschen, die Atomkraft als gefährlich und nicht als Lösung im Kampf gegen die Klimakrise. Über die Frage, ob Atomkraft nachhaltig ist oder nicht, entscheidet aber nicht Gewessler, sondern die EU- Kommission. Aber die wartet ab, bis sich die EU- Staaten in dieser Frage einig sind. Und der Kampf der österreichischen Ministerin gegen die EU- Kommission – sie drohte schon mit einer Klage und jahrelangem Verfahren – ist eher als Rückzugsgefecht zu sehen. Damit in Österreich die Grünen in den Augen der Wähler nicht den letzten Rest von Gesicht und Rückgrat verlieren. Und außerdem würden die Grünen als „glühende Europäer“ und Koalitionspartner der ÖVP doch nie ernsthaft gegen Brüssel aufbegehren.