Die österreichischen und ganz besonders die Wiener Grünen werden dankbar sein über das Dauerthema Corona und auch der Ibiza- U- Ausschuss samt Chat- Skandal und Inseraten- Affäre kam ihnen sicher sehr gelegen. Gerade bei der Chat- und Inseraten- Geschichte konnten sie im Hintergrund ihre Abneigung gegen die ÖVP ausleben. Das war bzw. ist ersichtlich an den Aktivitäten der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der Staatsanwaltschaft in Form von Ermittlungen, Einvernahmen, Hausdurchsuchungen, Verdächtigungen, Anklagen usw. Erwähnenswert ist vielleicht, dass die grüne Justizministerin weisungsberechtigt ist gegenüber der Staatsanwaltschaft. In einigen Fällen wurden ja die Ermittlungen mittlerweile wieder eingestellt – weil es nichts zu ermitteln gab. Im Vorfeld wurde aber darüber groß berichtet. Anscheinend wurde nach dem Motto gehandelt: Irgendwas wird schon hängen bleiben. Es gab ja auch schon Vorwürfe gegen die WKStA wegen ihrer Vorgangsweise. Sogar die Rechtsschutzbeauftragte erklärte in den Medien, die WKStA habe bei ihren Ermittlungen in der Ibiza- Causa „rote Linien“ überschritten. Dazu befragt, sagte die grüne Justizministerin: „Ich als Justizministerin werde nicht entscheiden, ob die WKStA richtig oder falsch gehandelt hat“. Und eines zieht sich wie ein roter Faden durch alle Fälle, in denen es gegen die FPÖ oder die ÖVP ging: Medienberichte aufgrund von sogenannten Datenleaks waren nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Immer wieder tauchten ganze Akten oder Teile daraus in den Medien auf. Nicht freigegebenes Material.
Datenleak ist eine noble Umschreibung für Datendiebstahl. Und er gilt laut Wikipedia als relevant, wenn er auch der „Berichterstattung in Massenmedien“ dient. In Österreich ist diese Art der Kriminalität aber sozusagen ein Kavaliersdelikt. Zu diesen Datenleaks befragt, meinte die Justizministerin: „Bin nicht froh darüber, kann es aber nicht abstellen“ – und verdächtigt Anwälte von Beschuldigten. Die ihren Klienten damit schaden würden. Eigentlich peinlich, wenn die Ministerin öffentlich sagt, dass sie Datendiebstähle nicht abstellen kann. Vielleicht sollte man in einigen Fällen das Wort „kann“ aber durch „will“ ersetzen. Aber sie ist halt um Ausreden nicht verlegen.
Das diente jetzt eigentlich nur zur Erklärung, warum die Grünen gewiss dankbar sind für jede Ablenkung von einem „hauseigenen“ Problem der Grünen, nämlich der „Causa Chorherr“. Gegen den früheren Wiener Planungssprecher, Stadtrat, Landtags- und Gemeinderat, Sprecher für Stadtplanung usw. – er war bekannt als „Mr. Stadtplanung“ – Christoph Chorherr wurde schon vier Jahre lang ermittelt. Da ging es um Spenden für Sozialprojekte in Südafrika,um Baugenehmigungen, um Widmungen, um Bestechung und Bestechlichkeit, um klingende Namen aus der Wiener Baubranche. Da ging es z. B. ganz konkret um das Heumarkt- Projekt, für das auch die ehemalige grüne Wiener Vizebürgermeisterin Vassilakou geworben hatte. Ein Hochhaus, durch welches das UNESCO- Welterbe- Prädikat Wiens bedroht war. 2019 konnte man schon Schlagzeilen lesen wie: „Höchstgericht kann Heumarkt- Turm jetzt sprengen“ oder „Immo- Tycoon Tojner drohen 10 Jahre Haft“ oder „Wiener Widmungen: Acht Personen unter Verdacht“ oder „Causa Chorherr: Neue Spenden aufgetaucht“. Im September hieß es noch: „Causa Chorherr: Grüne zahlten Zuwendungen zurück“. Und jetzt kann man lesen: „Anklage in Spenden- Causa Chorherr“.
Der rührige Spendensammler und Flächenwidmungs- und Genehmigungs- Erteiler Chorherr wurde zur Belastung für die Grünen, die ja 2019 mit dem Slogan in den Wahlkampf gingen: „Wen würde der Anstand wählen?“ Deshalb verkündete er im September 2019, er sei „auf Wunsch einiger Grüner“ aus der Partei ausgetreten und er habe auch keine Funktionen mehr. Dass Chorherr von Immobilienfirmen Spenden angenommen hat, bezeichnete der heutige Vizekanzler Kogler damals als „schweren politischen Fehler“. Und jetzt ist es so weit. Die WKStA erhebt Anklage gegen 10 Personen und 21 Vereine in der Causa Chorherr. Dabei hatte Chorherr noch im Mai bei der Staatsanwaltschaft um eine Diversion angesucht, um einer Anklage und einem Strafverfahren zu entgehen. Der Antrag wurde aber abgelehnt. Und die Anklage hat es in sich. die Vorwürfe lauten auf Missbrauch der Amtsgewalt sowie Bestechung und Bestechlichkeit. Und ein Wiener Unternehmer soll mittlerweile über das „System Chorherr“ ausgepackt haben. Es sagte jetzt klipp und klar: „Ja, wir sollten zahlen“. Und es soll nicht um 1,6 Millionen gehen, sondern um etwa 4,3 Millionen an privaten Spenden, die in 10 Jahren gezahlt wurden. Auffällig viel wurde von großen Immobilienfirmen gespendet.
Jetzt kann man gespannt sein, ob beim Grünen- Skandal, bei dem ja wegen der damals rot- grünen Koalition in Wien auch die rote Rathausfraktion mit drinnen steckt, die gleichen Maßstäbe beim Verfahren angelegt werden wie bei FPÖ oder ÖVP. Wäre es so, müsste fast ein Wunder geschehen. In Justiz und Staatsanwaltschaft scheint ja links zu dominieren. Tatsache ist aber, dass die grüne Justizministerin ihr Amt zumindest ruhend stellen sollte. So lange jedenfalls, bis dieser grüne Sumpf vor Gericht erledigt ist. Und ob die Berichterstattung darüber so intensiv sein wird wie bei der Ibiza- und Chats- und Inseratengeschichte, darf auch bezweifelt werden. Wir haben ja Corona zur Ablenkung.
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Nachtrag vom 13. Nov. 09:30 Uhr:
Der „Fall Chorherr“ weitet sich aus. Plötzlich tauchen Querverbindungen eines Beschuldigten zur „Ibiza- Falle“ auf. Auch die grüne Wiener Ex- Bürgermeisterin Vassilakou und die Wahl des grünen Bundespräsidenten Van der Bellen finden in der Anklageschrift eine Erwähnung