Am 24. Dezember soll in Libyen eine Präsidentenwahl abgehalten werden. Bei der soll, wie erwartet, auch der mächtige General Haftar antreten. Er wolle, so sagte er, unter seiner Präsidentschaft das libysche Volk „in einer entscheidenden Phase zu Ruhm, Fortschritt und Wohlstand“ führen. Wegen der Präsidentschafts- Kandidatur gab er auch das Kommando über das Militär ab. Überraschender als die Kandidatur Haftars ist aber jene von Saif al- Islam Gaddafi, dem Sohn des ermordeten libyschen Langzeit- Herrschers Muammar Gaddafi. Seine Kandidatur war ursprünglich von der Wahlkommission abgelehnt worden, da er 2015 von einem Gericht in Tripolis zum Tode verurteilt worden war. 2011 wurde er von libyschen Rebellen gefangen genommen, aber nicht nach Tripolis ausgeliefert. Das libysche Todesurteil wurde mittlerweile von rivalisierenden libyschen Behörden in Frage gestellt, aber der Internationale Strafgerichtshof fordert seine Auslieferung, um ihm wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit den Prozess zu machen. Und dass ihm so manche Kreise nach dem Leben trachten, dürfte auch sicher sein. Sein Vater wird ihm vor seinem Tod sicher Interessantes erzählt haben.
Sofern die Wahl stattfindet bzw. stattfinden kann und die Einflussnahme von außen nicht zu massiv sein wird, wenn es also ein zu akzeptierendes Wahlergebnis geben wird, wird es spannend: Kann es nach seinem Vater sein Sohn schaffen, das Land zu einen, wieder zu einem souveränen Staat ohne fremde Einmischung zu machen? Wieder ein Libyen wie vor 2011 zu schaffen? Übrigens; Saif al- Islam Gaddafi hat Verbindungen zu Österreich. Er studierte in Wien und war ein guter Bekannter von Jörg Haider.
Eine Rückblende: Im Jahr 2011 kam es in Libyen, so heißt es, zu Protesten gegen den Langzeit- Herrscher Muammar Gaddafi, die sich „wie von selbst“ zu einem Bürgerkrieg entwickelten. In den griffen dann, als hätten sie auf die Gelegenheit gewartet, Europäer/ USA/ NATO ein. Wegen „humanitärer Bedenken“ und „zum Schutz der Bevölkerung“ unterstützten sie Rebellen und zerbombten Libyen. Bei den Europäern besonders hervorgetan haben sich dabei die Franzosen unter Präsident Sarkozy. Im Zuge der Kämpfe wurde nicht nur Libyen „in die Steinzeit zurückgebombt“, sondern auch der Langzeit- Machthaber Gaddafi ermordet. Er wurde, wie der Autor Peter Scholl- Latour in einer TV- Sendung einmal sagte, gepfählt und dann ermordet. Es wurde auch Jagd gemacht auf die Gaddafi- Familienmitglieder. Nach diesem Krieg war Libyen jedenfalls ein „failed state“, ein „gescheiterter Staat“ und um die Macht stritten sich Stammesfürsten, Milizen, Rebellengruppen, der IS – und zwei Regierungen. Die „Einheitsregierung“ unter Premierminister Sarradsch in Tripolis, vom Westen „anerkannt“, also mehr oder weniger vom Westen eingesetzt. Um eine Alibi- Legitimation zu haben für die Vorgehensweise im öl- und gasreichen Land. Und dann die in Tobruk sitzende Gegenregierung des Abgeordnetenrates von Libyen und deren libysch- nationale Armee unter General Haftar. Anfang vorigen Jahres verlegte der türkische Präsident Erdogan Truppen und verschiedene Söldnergruppen von Syrien nach Libyen zur Unterstützung der Einheitsregierung, während General Haftar von Russland, Ägypten und angeblich auch Frankreich unterstützt wurde. Zu einer Lösung des Libyen- Problems kam es bisher nicht und für die EU geht es um viel. Es geht ja nicht nur um einen stabilen Staat Libyen und nicht nur um Gas und Öl. Es geht vor allem auch um illegale Migration von allen möglichen afrikanischen Staaten nach Libyen und von dort über das Mittelmeer in die EU. Vor seinem gewaltsamen Tod warnte Gaddafi übrigens vor einer Massenmigration von Afrikanern nach Europa, „wenn er nicht mehr da ist“. Dass diese Warnung berechtigt war, zeigt sich spätestens seit 2015. Aber vielleicht war es auch so gewollt.
http://www.antikrieg.com/aktuell/2011_09_04_dietuecken.htm