In Österreich ist Corona die Decke, unter der alles zugedeckt wird. Das heißt, Corona ist ein dermaßen raumfüllendes und zeitintensives Thema, dass für andere Themen – und deren gäbe es viele – anscheinend weder Raum noch Zeit bleibt. Oder hört man etwa, nur beispielsweise, noch groß was von der nicht aufgeklärten Ibiza- Geschichte? Nein, die wird von den meisten Medien als abgehakt betrachtet, obwohl das letzte Kapitel dieses Kriminalfalles noch lange nicht erledigt ist. Der Plan der Initiatoren ist ja mehr oder weniger aufgegangen. Der ehemalige Vizekanzler Strache von der FPÖ ist mehr oder weniger in die politische Bedeutungslosigkeit verschwunden, die ÖVP- FPÖ- Regierung wurde gesprengt. So gesehen, hat sich das Zuwarten mit der Veröffentlichung des Ibiza- Videos von 2017 auf 2019 für die Initiatoren bezahlt gemacht, die Wirkung war sicher größer. Ein Ziel wurde aber nicht erreicht: Eine grundlegende Schädigung der FPÖ. Und man möchte gar nicht glauben, was sich aus ein paar Minuten nichtssagender Ausschnitte aus dem Video herausschlagen lässt. Ob von den Produzenten des Videos, die sich dafür als „Helden“ feiern ließen, auch eine schwerwiegende und nachhaltige Schädigung der ÖVP geplant war oder ob das ein „Kollateralschaden“ war, ist bis heute nicht klar. Tatsache ist aber, dass die ÖVP durch das Ibiza- Video, besser gesagt durch den als Folge davon installierten Ibiza- U- Ausschuss mehr geschädigt wurde als die FPÖ und Tatsache ist auch, dass die Grünen die größten Nutznießer des Skandals sind. Sie würden ohne Ibiza- Skandal nicht in der Regierung sitzen und dort fast nach Belieben fuhrwerken können.
Zur Klärung des Ibiza- Skandals wurde nicht nur der U- Ausschuss eingerichtet, sondern da war natürlich auch die Polizei aktiv; u. a. mit der „SOKO Tape“. Zum U- Ausschuss ist vielleicht noch zu sagen, dass der NEOS- Fraktionssprecherin nachgewiesen wurde, sich einen Tag vor dessen Einvernahme mit einer wichtigen Auskunftsperson getroffen zu haben. Diese „SOKO Tape“ verfasste jetzt einen 40-seitigen Endbericht zum Ibiza- Kriminalfall. 40 Seiten; das ist eigentlich sehr wenig, gemessen an der Größenordnung und den Folgen des Falles. Der Endbericht legt aber auch offen, dass vieles nicht geklärt ist bzw. nicht geklärt werden konnte. Zwei Namen ziehen sich jedenfalls wie ein roter Faden vom Anfang bis zum Ende durch diesen Polit- Thriller: Hessenthaler und Mirfakhrai. Ersterer, ein vorbestrafter „Detektiv“, ist in Haft und es wird ihm der Prozess gemacht wegen Drogenhandel und anderer Delikte. Zweiter ist ein einflussreicher Rechtsanwalt in Wien. Die Vorwürfe gegen ihn lauten auf Missbrauch von Tonaufnahme- und Abhörgeräten, Urkundenfälschung, Fälschung besonders geschützter Urkunden, Verstöße gegen das Datenschutz- und das Suchtmittelgesetz. Und dass dieser Rechtsanwalt einflussreich ist, zeigt sich auch daran, dass es etwa ein halbes Jahr dauerte, bis es bei ihm eine Hausdurchsuchung gab. Und er konnte bis zum Endbericht verhindern, dass die Daten seines Smartphones ausgewertet werden. Dazu heißt es im Bericht: „Die bei Mirfakhrai sichergestellten Datenbestände konnten aufgrund eines von ihm initiierten Widerspruchsverfahrens bis dato keiner Auswertung zugeführt werden“. Das ist schon beachtlich; eine solche Auswertung konnten nicht einmal Kanzler Kurz, Finanzminister Blümel und andere Politiker verhindern. Ein Schelm, wer da an Justizministerium und Staatsanwaltschaft denkt.
Unklar ist weiterhin der „Ibiza- Lockvogel“, die falsche Oligarchen- Nichte. Die Fahndung wurde offiziell eingestellt. Unklar sind weiterhin die Geldflüsse. Da ging es einmal um mehrere hunderttausende Euro „in Krügerrand- Goldmünzen“, die Zahlung von mehr als 80.000 Euro des Anwalts an den „Detektiv“, eventuelle Verkaufserlöse für das Video und auch um ein Treuhandkonto mit mehreren Millionen Euro, von dem ein Kontoauszug im Anwaltsbüro auflag. Unklar ist weiterhin, ob es nicht doch irgendwelche Dunkel- und Hintermänner – es dürfen auch Frauen sein – gibt bzw. gab. Und wer die Anwälte des „Detektivs“ bezahlt, ist auch nicht klar. Das wichtigste für den Anwalt dürfte jedenfalls sein, dass es im SOKO- Schlussbericht heißt: „Hinweise darauf, dass Hessenthaler und Mirfakhrai von Dritten beauftragt worden wären, das „Ibiza- Video“ zu erstellen, haben sich nicht ergeben“. Das heißt aber nicht, dass es keine(n) Dritten gab.
Von Corona zugedeckt wird aber auch eine andere Geschichte, nämlich die „Causa Chorherr“. Bei diesem Bau- Umwidmungs- Genehmigungs- und Bewilligungs- Skandal in Wien rund um den ehemaligen grünen „Planungs- Kaiser“ Chorherr wird ja gegen 10 Größen der Bau- und Investorenbranche ermittelt. Medienresonanz dazu ist gleich Null; die Grünen sitzen ja in der Regierung und wir haben mit Corona genug zu tun.