Kürzlich gab es schon einmal eine Diskussion über die österreichische Neutralität bzw. darüber, ob die noch zeitgemäß ist. Da schickte die ÖVP den Altmeister Khol ins Feuer, der sich an dem Thema dann auch die Finger verbrannte. Jetzt kommt der nächste Vorstoß, und wieder von der ÖVP, von der Verteidigungsministerin Tanner (…die werden mich noch kennen lernen“). Jetzt ist es nämlich offiziell, dass die EU eine neue militärische Eingreiftruppe bekommt, die bis zum Jahr 2025 einsatzfähig sein soll. Und dazu sagt unsere zu jedem Einsatz bereite Verteidigungsministerin Tanner: „Selbstverständlich sind wir dabei“ und die österreichische Neutralität soll da kein rechtliches Hindernis sein, meint sie. Falls die redegewandte Ministerin das „Bundesverfassungsgesetz vom 26. Oktober 1955 über die Neutralität Österreichs“ nicht kennen sollte; es lautet:

„Art. I Abs. (1) Zum Zwecke der dauernden Behauptung seiner Unabhängigkeit nach außen und zum Zwecke der Unverletzlichkeit seines Gebietes erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität. Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen. (2) Österreich wird zur Sicherung dieser Zwecke in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten und die Errichtung militärischer Stützpunkte fremder Staaten auf seinem Gebiet nicht zulassen.

Art. II: Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut“.

  Zur Verdeutlichung: In Art. I Abs. (2) heißt es: „… in aller Zukunft keinen militärischen Bündnissen beitreten …“ Ist das so schwer zu verstehen, hat die werte Dame (aber nicht nur sie) etwa Probleme mit sinnerfassend lesen oder wird das Neutralitätsgesetz einfach missachtet, weil Brüssel oder sonst wer das so will? Eigentlich möchte man ja meinen, der Text sei eindeutig und leicht verständlich. Und wer jetzt darauf wartet, dass sich unser allerwertester Bundespräsident mit einer Rüge über den Umgang mit der Neutralität zu Wort meldet, der kann lange darauf warten. Der wird, wenn überhaupt, unsere Neutralität loben. er wird aber keinen Widerspruch darin sehen, wenn Österreich trotz Neutralität der militärischen EU- Eingreiftruppe beitritt und im schlimmsten Fall für andere EU- Staaten an die Front muss. („… Wir stehen füreinander ein“). Und wer weiß, wofür und wo diese Schnelle Eingreiftruppe eingesetzt werden soll.

  Es wäre übrigens, laut Art. II, Sache der Bundesregierung, auf die Einhaltung des Gesetzes zu achten. Und da Kanzler Nehammer vor ein paar Wochen meinte, die Neutralität Österreichs sei „eigentlich unter einem Druckszenario entstanden“ und sogar behauptete, die „militärische Neutralität wurde uns aufgezwungen von den Sowjet- Kommunisten“, sei er an Art. I Abs. (1) erinnert, in dem es heißt: „… erklärt Österreich aus freien Stücken seine immerwährende Neutralität“. Aber dem Kanzler sind, genau so wie der Verteidigungsministerin, eigentlich der ganzen Regierung und dem Bundespräsidenten die Interessen Brüssels vermutlich wichtiger als das Wohl und die Gesetze Österreichs. Da wäre dann nur noch die Frage: Was ist eigentlich mit PESCO? Ist das nicht auch so etwas wie ein EU- Militärbündnis und wie verträgt sich diese Mitgliedschaft Österreichs mit der Neutralität? Die Mitgliedschaft Österreichs zu PESCO wurde ja 2017 von Sebastian Kurz unterzeichnet.

  In einem Zeitungsartikel über die neue EU- Eingreiftruppe kommt auch noch anderes Interessante wieder zu Tage. Die EU leistet ja der Ukraine massive Militärhilfe, die jetzt auf 1 Milliarde Euro aufgestockt wurde. Dazu heißt es im Artikel: „Österreich ermöglicht den Beschluss, indem es sich konstruktiv enthält“. Österreich trägt also dazu bei, dass die EU Waffen um eine Milliarde Euro an die Ukraine liefert. Auch die USA liefern um eine Milliarde Dollar Waffen nach Kiew. Damit der Krieg auf jeden Fall weitergeführt, vielleicht ausgeweitet wird. Eines darf man ja nicht vergessen: Die USA sind das Rückgrat der NATO, aber fast alle EU- Staaten sind ebenfalls NATO- Mitglieder. Und wer weiß, ob nicht irgend ein Staat den NATO- Bündnisfall nach Art. 5 herbeisehnt, um gegen Russland in den Krieg ziehen zu können. Das wäre dann aber der 3. Weltkrieg.