Am vergangenen Sonntag gab es in Ungarn Parlamentswahlen und viele – nicht nur Ungarn – hofften, dass Ministerpräsident Viktor Orban und das „System Orban“ endlich abgewählt wird. Schließlich und endlich ist er schon vier Amtszeiten an der Macht. Und dieses Mal hatte sich die Opposition verbündet; sechs Parteien von links bis rechts traten geschlossen unter einem gemeinsamen Kandidaten an und sie waren ziemlich sicher, dass es dieses Mal klappen würde, Orban vom Thron zu stürzen, auch die Umfragen waren ziemlich beruhigend. Um es kurz zu machen: Es klappte nicht, es wurde ein Debakel. Von 199 Mandaten holte sich Orbans Fidesz- Partei 135 und somit kann er mit einer Zweidrittelmehrheit weiterregieren und der Oppositionskandidat meinte nach der Wahl ernüchtert: „Es war ein ungleicher und chancenloser Kampf, aber wir haben uns ihm gestellt“.
Die Freude über den Wahlsieg war groß bei Orban und er machte auch kein Hehl daraus. „Es ist ein riesiger Sieg, so riesig, dass man ihn sogar vom Mond sehen kann, aber aus Brüssel auf jeden Fall“, konnte er sich einen Seitenhieb auf seine Kritiker und Feinde in der EU nicht verkneifen. Für die EU- Kommission und auch für Politiker anderer EU- Staaten ist Orban ja ein rotes Tuch. Die hatten allesamt nichts zu jubeln. Nur; warum gewinnt Orban eine Wahl nach der anderen so überzeugend? Über die Gründe werden Politikexperten noch lange rätseln, aber ein gewichtiger Grund steht jedenfalls fest: Für Orban kommen zuerst die Ungarn und dann erst kommt Brüssel, nicht umgekehrt. Die Wähler sind mit ihm zufrieden und zeigen das in der Wahlkabine. Und Ungarn ist im Ukraine- Krieg neutraler als das vermeintlich neutrale Österreich; vielleicht auch wegen der ungarischen Minderheit in der Ukraine.
Orban und die Mehrheit der Ungarn jubeln also. Brüssel jubelt nicht, aber Brüssel sinnt auf Rache. Die „SZ“ zeigt schon die Richtung an. „… Aber wenn die EU nicht nur sich und ihre Werte, sondern auch ihre Funktionsfähigkeit retten will, dann geht sie jetzt mit allen Mitteln gegen den Abbau des Rechtsstaates und gegen die mit EU- Geldern finanzierte Korruption vor. Andernfalls ist Orbans Sieg das Vorbild für ein autokratisches Modell, das mitten im Westen Fuß fassen – und sich ausbreiten wird“, warnt sie und denkt dabei wahrscheinlich an die kommende Präsidentschaftswahl in Frankreich. Diese Warnung ist nicht aus der Luft gegriffen, denn man kann schon lesen: „EU- Kommission will Ungarn EU- Mittel kürzen“. Ungarn wird sich nämlich wegen möglicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit als erster EU- Staat einem Verfahren zur Kürzung von EU- Geldern stellen müssen. Im EU- Parlament kündigte die Kommissionspräsidentin von der Leyen an, dass ihre Behörde im sogenannten Rechtsstaatsmechanismus den ersten Schritt setzen werde. Was von Ungarn als „Fehler“ bezeichnet wird.
Auch in Serbien wurde am vergangenen Sonntag gewählt. Auch dort gewann der amtierende Präsident Vucic; sogar schon in der ersten Runde der Präsidentenwahl. Im Parlament dürfte seine Partei aber die absolute Mehrheit verloren haben. Auch diese Wahl wurde von Brüssel argwöhnisch beäugt. Denn einerseits soll ja der ganze Westbalkan, also auch Serbien, so schnell wie möglich in die EU. Österreichs Politiker wie z. B. die Verfassungsministerin Edtstadler, Kanzler Nehammer oder Außenminister Schallenberg sind deshalb auch fast regelmäßig am Balkan bzw. in Serbien, um Österreichs Unterstützung zu einem schnellen EU- Beitritt zu bekräftigen. Ob diese Länder denn auch EU- reif sind, ist wieder ein anderes Thema. Andererseits schaut es aber so aus, dass gerade Serbien zum jetzigen Zeitpunkt ein heikler EU- Kandidat ist. Serbien bzw. Vucic hat sich zwar für die Fortsetzung der EU- Annäherung, für gute regionale Beziehungen, aber auch gegen die Zerstörung von Verbindungen zu „traditionellen Freunden“ ausgesprochen. Das heißt aber im Klartext, dass Serbien sehr gute Beziehungen zu Russland pflegt. Das äußert sich auch darin, dass Serbien nicht auf der russischen Liste der „unfreundlichen Länder“ steht. Und Freunde Russlands, auch wenn sie keine EU- Mitglieder sind, sind in Brüssel generell und erst recht jetzt nicht beliebt. Und Vucic hat auch in den nächsten Jahren in Serbien das Sagen. Also kein Grund zum Jubeln in Brüssel.