Das Rätselraten ist vorbei; die Kaffeesudleser, die Kristallkugelschauer und Kartenaufschlager können ihre Requisiten erst einmal beiseite legen. Die Präsidentenwahl in Frankreich ist geschlagen. Ja, es war eine Präsidentenwahl und keine Präsidentinnenwahl. Der Herausforderer Macron ist der Wahlsieger. Der alte Präsident ist auch der neue Präsident. Von einem zu erwartenden Kopf- an- Kopf- Rennen wurde einige Tage vor der Wahl noch geredet, vor der Wahl dann schon von etwa 55: 45 für Macron. Geworden sind es dann offiziell etwa 58: 42 Prozent für Macron. Vielleicht sollte man aber besser sagen 58: 42 gegen Le Pen. Viele Stimmen erhielt Macron ja nicht von Anhängern von ihm, sondern von Wählern, die Le Pen nicht als Präsidentin wollten. Stimmen von Protestwählern sozusagen. Nicht nur, aber auch von Anhängern des linken (manche sagen des linksextremen) Kandidaten Melenchon, der nach dem ersten Wahlgang knapp hinter Le Pen auf dem dritten Platz landete und somit nicht in die Stichwahl kam. Und der gab an seine Anhänger die Parole aus: „Keine Stimme für Le Pen“. Er sagte aber auch: „Ich kenne eure Wut… Gebt euch nicht der Gefahr hin, dass sie euch Fehler begehen lässt, die nicht mehr rückgängig zu machen sind“. Und nach Macrons Wahlsieg kam es in französischen Städten auch zu teils schweren Krawallen – aber nicht nur von Melenchons Anhängern. Es war ein Gemisch von Gelbwesten- Demonstranten und linken Gruppen, die ihrem Unmut freien Lauf ließen, wodurch es auch zu Zusammenstößen mit der Polizei kam.
Macron gewann die Wahl, aber nicht mehr so souverän wie 2017; auch damals gegen Le Pen. Damals gewann Macron mit etwa 66: 34, heuer eben mit etwa 58: 42. Jetzt kommt auch große Erleichterung zum Ausbruch. „Ein Sieg für Europa“, so kann man es vernehmen, und vom EU- Ratspräsidenten Michel kommt gar ein unverständliches „wir können fünf weitere Jahre auf Frankreich zählen“. Solche Äußerungen sollten eigentlich hellhörig machen. Das horcht sich an, als hätte Le Pen im Falle eines Sieges einen Putsch geplant oder vorgehabt, mit der Fremdenlegion das EU- Viertel in Brüssel einzunehmen und zu besetzen. Da wird von angeblichen „lupenreinen Demokraten“ eine Partei, eine demokratisch einwandfreie Partei, in Frage gestellt. Dass sie ein anderes Programm hat als eine linke Partei, ist eben ein Merkmal der Demokratie. Ja, sogenannte „Populisten“ dürften eigentlich keine Wahl gewinnen. Wie groß war die Enttäuschung, ja das Wutgeheul, als kürzlich Orban in Ungarn eine Wahltriumph feierte und was wurde nicht in Österreich alles getan, um die FPÖ zu ruinieren und wie war das doch in den USA, als (allerdings nicht in den „Mainstream“- Medien) jede Menge Material veröffentlicht wurde, das Wahlbetrug belegen sollte und trotzdem Joe Biden der offizielle Wahlsieger war? Und wäre es denkbar, dass jetzt in Frankreich so etwas ähnliches ablief? Eine Webseite bringt nämlich einen Artikel, in dem es um verschwundene Stimmen von Le Pen bei der Stimmenauszählung geht. Offiziell ist davon aber nichts zu hören.
Nach der Wahl ist aber vor der Wahl, denn am 12. bzw. 19. Juni findet in Frankreich die Parlamentswahl statt und da geht es um den Posten des Premierministers. Und bei dieser Wahl will Melenchon als Vertreter der radikaleren Linken punkten, nachdem er bei der Präsidentenwahl die Stichwahl verpasste. Und sein Programm ist tatsächlich radikal. Er ist EU- kritisch. Er will Frankreich zu einem blockfreien Staat machen und aus der NATO herausholen. Und er fordert innenpolitisch mehr Mitspracherecht der Bürger, etwa in Form von Referenden. Aber auch Le Pen wird mitmischen, wenn es um den Posten des Premierministers geht.
Oscar Wilde sagte einst: „Wenn Wahlen wirklich etwas verändern würden, wären sie schon längst verboten“.
Und Volker Pispers (?) meinte einmal: „Wer glaubt, dass Volksvertreter das Volk vertreten, der glaubt auch, dass Handbremsen Hände bremsen und dass Zitronenfalter Zitronen falten“.