Die 75- tägige Sommerpause des Nationalrates ist zu Ende, der Alltag kehrt zurück und mit ihm auch der Korruptions- Untersuchungs- Ausschuss. Der „Komödienstadel“ will zum Auftakt gleich der existenziellen Frage nachgehen, wer Österreichs Abhängigkeit vom russischen Gas zu verantworten hat. Dazu drängt sich gleich einmal eine NEOS- Abgeordnete in den Vordergrund und meint: „Wir wollen aufklären, inwiefern die ÖVP – und mit ihr auch die SPÖ und die FPÖ – bei der OMV nicht die Interessen der Republik vertrat, sondern die der Partei und ihrer Freunde – und uns dadurch in eine völlige Abhängigkeit von Russland und Putins Gas brachte, die uns nun zum Verhängnis wird“.
Zu russischen Gaslieferungen muss man eines berücksichtigen: Vor mehr als 50 Jahren, am 1. Juni 1968, wurde zwischen dem damaligen sowjetischen Unternehmen Sojusneftexport und der österreichischen ÖMV der Vertrag über Erdgaslieferungen von der damaligen UdSSR nach Österreich unterschrieben. (Da war die NEOS- Abgeordnete noch gar nicht auf der Welt.) Seither sind die Gaslieferungen auf mehr als 9 Milliarden m3 pro Jahr angewachsen. Diese Gasmengen hätte es in all den Jahren, eventuell mit Ausnahme der letzten paar Jahre in Form von LNG (verflüssigtes Erdgas), von nirgendwo sonst gegeben und erst recht nicht zu dem Preis, zu dem das russische Gas geliefert wurde. Und ohne jetzt in den Verdacht zu kommen, den Russen- Freund heraus hängen zu lassen: Dieses russische Gas zu dem Preis hat wesentlich zum wirtschaftlichen Aufstieg und zum Wohlstand Österreichs ab den 70er- Jahren beigetragen – und das war sicher auch im Interesse der Republik. Das soll die werte Dame von den NEOS nicht ausblenden und das sollen ein paar andere „Wadelbeisser Innen“ im U- Ausschuss auch nicht vergessen. Jetzt von einer „völligen Abhängigkeit von Russland und Putins Gas“ zu jammern, die „uns nun zum Verhängnis wird“, ist Heuchelei und Effekthascherei. Diese Situation hat die aktuelle österreichische Politik zu verantworten, mit den Sanktionen und mit der Scharfmacherei von z. B. Kanzler und Außenminister. Dieses Verhalten entspricht nicht dem eines neutralen Staates und dass es auch anders geht, hat Ungarn als EU- Mitglied und NATO- Staat vorgezeigt. Ungarn zählt nicht zu den von Russland als „unfreundliche Staaten“ bezeichneten Ländern, obwohl es nicht neutral ist, und hat sich zusätzliches Gas gesichert – im Sinne von Bevölkerung und Wirtschaft. Und welche Abhängigkeit ist bzw. war für Österreich schlimmer: Die vom preisgünstigen russischen Gas oder die vom teuren amerikanischen Fracking- Flüssiggas? Fest steht nämlich, und das dürfte einigen U- Ausschuss- Mitgliedern offensichtlich nicht bekannt sein, dass Österreich auch die nächsten Jahre nicht ohne Gas auskommen wird; ob das einigen Leuten passt oder nicht. Fest steht auch, dass die verfehlte österreichische Politik dafür verantwortlich ist, dass wir mit größter Wahrscheinlichkeit und mit hohen Kosten verbunden wieder Kohlekraftwerke reaktivieren müssen.
Und noch ein Kommentar zum 50- Jahre- Jubiläum des Gasvertrages eines Ex- OMV- Chefs: „In den letzten 50 Jahren haben wir verlässlich Gaslieferungen aus Russland erhalten und konnten unsere Industrie- und Haushaltskunden immer mit Erdgas hoher Qualität versorgen …“
Und bezüglich Gas sagte dieser Tage der Bürgermeister von Linz in einem Interview: „Die großen Mengen verbrauchen nicht die Haushalte, sondern die Industrie …, die Situation ist viel dramatischer. wir sind für die Haushalte noch 10 Jahre auf Gas angewiesen. Wenn das abgedreht wird, ist Game over“.