Brasilien hat gewählt. Genau genommen sogar zweimal, weil beim ersten Wahlgang der Präsidentenwahl kein Kandidat die absolute Mehrheit erreichte. Jetzt war eben die Stichwahl, die nach offiziellen Angaben der Links- Politiker Luiz Ignacio Lula da Silva mit 50,8 Prozent der Stimmen gewann. Der amtierende Präsident Jair Bolsonaro, ein Rechter, er wurde auch als Rechtsextremer bezeichnet, kam auf 49,2 Prozent. Ein sehr knappes Ergebnis also. Der neue Präsident Lula da Silva, der am 1. Jänner sein Amt antreten wird, ist in Brasilien ja kein Polit- Neuling oder gar ein Unbekannter in Brasilien, dem größten Land Südamerikas. Lula da Silva war ja schon Präsident in Brasilien. Zwei Mal sogar, um genau zu sein; von 2003 bis 2011. Er reduzierte die Armut im Land mit seiner Sozial- und Wirtschaftspolitik. 2017 wurde er aber wegen Geldwäsche und passiver Korruption, also Bestechlichkeit, zu 12 Jahren Haft verurteilt. Das war die Schattenseite des brasilianischen Wirtschaftswunders: Parallel zum wirtschaftlichen Erfolg des Landes begann die Korruption zu wuchern, während Lulas Regierungszeit wurde Brasilien zu einem der korruptesten Länder der Welt. Lula war 580 Tage in Haft. Anfang 2021 wurden die Urteile gegen ihn vom Obersten Gericht aus formellen Gründen aufgehoben. Einerseits war das verurteilende Gericht nicht zuständig gewesen und andererseits war der damalige Richter befangen gewesen. Wie weit alles korrekt ablief, die Verurteilung wie auch die Aufhebung der Urteile, kann nicht beurteilt werden. Jetzt ist er also wieder Präsident und er sagt: „Ich werde für 215 Millionen Brasilianer regieren und nicht nur für diejenigen, die mich gewählt haben …“
Die Linken weltweit jubeln über den Wahlsieg des (ehemaligen) Kommunisten und hoffen auf einen Richtungswechsel in Brasilien. Der wird aber, wenn überhaupt, nicht ganz nach Wunsch der Linken in aller Welt verlaufen. Denn Brasilien ist das „B“ bei „BRICS“, Lula war schon beim ersten BRIC- Gipfeltreffen im Jahr 2009 dabei und er sagte jetzt im Wahlkampf, dass er die Zukunft Brasiliens nicht im Kapitalismus des Westens sieht und er Brasilien noch näher an die BRICS- Gruppe führen wird. Und Lula erklärte schon bald nach Ausbruch des Ukraine- Krieges, dass der Westen mitschuldig sei an der jetzigen Situation und dass der ukrainische Präsident ungeeignet sei für die Lösung des Konflikts, denn er tue nichts für den Frieden. Und wie es unter Lula weitergehen wird mit dem Handelsabkommen zwischen der EU und Mercosur- Gruppe, deren größtes Mitglied Brasilien ist, muss sich erst zeigen. Die EU- Kommission will das Abkommen durchdrücken.
Der noch amtierende Präsident Bolsonaro wurde also abgewählt. Der rechte oder auch als extrem Rechter bezeichnete Präsident ist nach der Wahl untergetaucht, heißt es. Im Land gibt es Streiks und Unruhen, viele befragte Menschen reden von Wahlbetrug. Es wird jedenfalls berichtet, dass 5,7 Millionen Stimmen für ungültig erklärt wurden. Nicht auszuschließen ist, dass Bolsonaro das Wahlergebnis anfechten wird. Und obwohl er sich in Brasilien relativ großer Beliebtheit erfreut, das zeigt das Wahlergebnis, ist er in der westlichen Welt eher verhasst. Da ist zum einen seine Corona- Politik daran schuld. Er ist Impfgegner und seine Politik war danach ausgerichtet.Und wer nicht im Corona- Chor mitsingt, hat einen schweren Stand – oder kann eine Wahl verlieren. Zum anderen wird er als der Mann gesehen, der die Grüne Lunge der Welt, den Amazonas- Regenwald, abbrennt. Und da sich auch das WEF den Klima- und Umweltschutz auf seine Fahnen geheftet hat, ist das schlecht für Bolsonaro. Diese schlimmen Brandrodungen stehen aber in direktem Zusammenhang mit zunehmenden Tierfutterexporten in die EU
Ob in Brasilien die Lage nach der Wahl außer Kontrolle gerät oder die Gemüter sich beruhigen, wird sich in den nächsten Tagen zeigen.