In Afghanistan wurde die Sicherheit vorgeschoben. In der Ukraine ist es die Freiheit. „Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt“, sagte im März 2004 der damalige deutsche Verteidigungsminister Struck zum Afghanistan- Einsatz der deutschen Bundeswehr. Ende Juni 2021 verließ sie nach fast 20 Jahren gedemütigt und fast fluchtartig das Land; die USA zogen sich Ende August 2021 ebenfalls zurück. Ein Erfolg war dieses Abenteuer nicht und die deutsche Bundeswehr hat sich auch nicht mit Ruhm bekleckert. Es kostete nur das Leben von Soldaten und viele Milliarden Euro. Anderthalb Jahre ist es also erst her, dass das Afghanistan- Debakel beendet wurde, und trotzdem sind die Lehren daraus – sofern überhaupt welche gezogen wurden – schon wieder vergessen. Dass die EU- Chefin von der Leyen schon vor mehr als 5 Monaten in einer TV- Sendung über die Ukrainer erzählte, dass es beeindruckend sei, „wie sie unsere Werte verteidigen, mit allem, was sie haben, bis zu ihrem Leben“, so war das eben ihre Meinung. Vielleicht war ihr wirklich nicht klar, dass die Ukrainer neben ihrem Land statt unserer Werte (auch) die US- Interessen verteidigen. Dass die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Ende August aber sagte: „Für mich ist klar: Die Ukraine verteidigt auch unsere Freiheit, unsere Friedensordnung, und wir unterstützen sie finanziell und militärisch und zwar so lange es nötig ist. Punkt“, ist eine ganz andere Aussage. Das, wovon von der Leyen sprach, war etwas Dehnbares, Schwammiges. Die Außenministerin sprach hingegen von etwas ganz Konkreten: Von der Freiheit. Und vom Kampf gegen Russland.

  In Afghanistan waren es deutsche Soldaten, die nicht nur aber auch die Sicherheit Deutschlands verteidigten – so wurde es behauptet – und als Verlierer abziehen mussten. In der Ukraine sind – zumindest offiziell – keine deutschen Soldaten dabei, die Freiheit Deutschlands gegen Russland zu verteidigen. Aber wer weiß; noch nicht. Oder gehört die Ausbildung ukrainischer Soldaten und die Lieferung von Kriegsmaterial schon zur Verteidigung der deutschen Freiheit? In Afghanistan war es mehr oder weniger am Schlachtfeld, wo sich die Deutschen – mit den USA – eine Abfuhr holten. In der Ukraine ist Deutschland im Krieg gegen Russland mehr an der Wirtschaftsfront verwickelt. Für die Ukrainer geht es mehr um ihr Land, um ihr Leben, um Zerstörungen, Kälte, Dunkelheit. Für Deutschland geht es auch um die Existenz. Um eine Wirtschaftskrise, um Wohlstandsverlust bis hin zu Armut für viele, um Arbeitslosigkeit, um den sozialen Frieden. Es schaut aktuell nicht gut aus für Deutschland und es ist ein schwacher Trost, dass andere Länder annähernd in der gleichen Situation sind. Bis jetzt schaut es nämlich eindeutig danach aus, dass die von der EU gegen Russland verhängten Sanktionen in erster Linie in der EU, in Deutschland, wirken und dann – aus jetziger Sicht – erst stark gedämpft in Russland.

  Deutschland wird wieder ein Verlierer sein, dieses Mal in einem Wirtschaftskrieg. Und die Folgen werden langfristig sein. Da werden auch die Energiewende und die Agenda 2030 nicht viel daran ändern. Ändern hätte was können eine Portion Diplomatie statt der militärischen Unterstützung der Ukraine. Aber das ließen die Interessen der USA und der NATO nicht zu.