Für die EU – und auch Regierungen einzelner EU- Staaten – zählen die Wirtschafts- Sanktionen neben den massiven Waffenlieferungen und den Finanzhilfen (Stichwort: 18 Milliarden Euro- Kredit und Übernahme „laufender Kosten“) zu den Eckpfeilern an Unterstützung für die Ukraine. Anfangs hieß es dazu kurz und bündig: „Die Sanktionen wirken“. Da sich aber nach und nach immer stärker zeigte, dass große Teile der Bevölkerung, politische Parteien und auch einzelne Wirtschaftsfachleute die Wirkung von Sanktionen in Frage stellten bzw. die negativen Folgen der Russland- Sanktionen aufzeigten, bequemte sich die politische und ideologische Einheitsfront der Befürworter der „alternativlosen“ Russland- Sanktionen zu einer kleinen Meinungsänderung. Plötzlich lautete das Credo: „Die Sanktionen wirken selbstverständlich. Man muss aber Geduld haben. Und außerdem treffen sie Russland viel härter als uns“. Das könnte man etwa damit vergleichen, indem man sagt: Wir amputieren unserem Widersacher das ganze rechte Bein und unser eigenes nur bis zum Knie. Tatsache ist, dass auch so manche Systemmedien mittlerweile von den Befürwortern der „alternativlosen“ Sanktionen zu kritischen Beobachtern wurden und Sinn und Zweck hinterfragen und in Frage stellen. Jetzt kann man sogar in einer Online- Wirtschaftszeitung schon lesen: „Eine zunehmende Zahl von Experten zweifelt am Sinn der Russland- Sanktionen. Denn Wirtschaftssanktionen haben bisher selten die gewünschten Ergebnisse erzielt.“
Selbst in den USA, die die Europäer mehr oder weniger zu den Russland- Sanktionen drängten (ein Teil der EU bzw. der EU- Staaten hätte(n) sicher von sich aus und völlig ohne US- Druck auch Sanktionen gegen Russland verhängt; wegen der „Werte“, aus Solidarität gegenüber der Ukraine und wer weiß warum sonst noch), wird die Sinnhaftigkeit ihrer eigenen Beschlüssen immer mehr in Frage gestellt. Ein, wie man lesen kann, „politisch unabhängiger Thinktank“ kritisiert, dass die Sanktionen die USA aktuell schädigen, aber auch auf lange Sicht. Beispielsweise durch den Kauf von Öl und Treibstoffen, die eben nicht mehr aus Russland bezogen werden, sondern überteuert über den Umweg von Zwischenhändlern. Russland richtet seine Exporte vermehrt nach Asien aus und von dort werden letztendlich auch die US- Märkte bedient. Ein anderes Beispiel, die wirkungslosen US- Sanktionen betreffend, ist Venezuela. Seit 2017 ist dieses südamerikanische Land mit Sanktionen belegt. Weil es nicht so tat, wie die USA wollten. Und natürlich auch wegen der Unterdrückung der Opposition. Die USA wollten dieses Land mit den weltweit größten Ölreserven in die Knie zwingen. Ein „Übergangspräsident“ wurde mit Unterstützung des Auslandes aufgestellt und auch von vielen Ländern anerkannt. Präsident Maduro ist heute noch an der Macht, vom Übergangspräsidenten spricht niemand mehr und an den einst bekrittelten Zuständen, angeblich der Grund für die Sanktionen, hat sich nichts geändert. Und US- Präsident Biden pilgerte zu Maduro, um Öllieferungen an die USA zu erreichen; peinlich für die USA. Bei den Sanktionen gegen Venezuela lief es für die EU nicht anders wie für die USA: Sie prallten ebenfalls wirkungslos ab.
In Kuba ist dasselbe Versagen der Sanktionen zu beobachten. Dort gibt es diese Sanktionen, im Gegensatz zu Venezuela, schon seit Jahrzehnten. Der Langzeitherrscher Fidel Castro wurde nicht weggeputscht, die Mangelwirtschaft wurde zur Gewohnheit. Die Menschen haben gelernt, damit umzugehen und zu improvisieren. Die Sanktionen müssen mehr oder weniger berechtigt herhalten für die wirtschaftlichen Probleme. Noch deutlicher als in Kuba sind die brutalen Sanktionen in Nordkorea gescheitert. Die Diktatur scheint dort im Laufe der Jahrzehnte perfekt geworden zu sein. Das abgeschottete Land entwickelte sich trotz Sanktionen zu einer nicht zu unterschätzenden nuklearen Großmacht und es provoziert nicht nur seine Nachbarn, sondern auch die USA. Auch Syrien wurde sanktioniert und wird es noch immer, und trotzdem heißt der Präsident immer noch Assad, der auch den als „Bürgerkrieg“ bezeichneten Krieg trotz massiver West- Unterstützung gewann. Und die schon vor Jahren gegen den Iran verhängten Sanktionen kann man auch als gescheitert betrachten.
Dass bei den Sanktionen gegen Russland auch Vermögenswerte russischer Privatleute in Form von „einfrieren“ und beschlagnahmen betroffen sind, wie z. B. Yachten, Häuser, Bankkonten etc., wirft nicht unbedingt ein gutes Licht auf die EU, das sind moralisch wie rechtlich bedenkliche Maßnahmen. Eine von vielen geforderte Enteignung wäre aber eine Abkehr von der Rechtsstaatlichkeit, wäre als „Kleptokratie“ einzustufen. Unter den Russland- Sanktionen wirken sich die Sanktionen im Rohstoffsektor gegen die EU und speziell gegen Deutschland besonders schlimm aus. Nicht ganz umsonst wird schon von einer „Deindustrialisierung Deutschlands“ gesprochen. Die Chefvolkswirtin einer deutschen Bank sagte schon im Juli: „Der Westen hat die Verletzlichkeit Russlands über- und die Bedeutung seiner Rohstoffe für die Welt unterschätzt“. Die politische Kaste der Sanktionierer fährt aber mit Vollgas weiter auf das schlimme Ende zu.