Der Ukraine- Krieg soll, wenn es nach USA/ NATO/ EU geht, noch intensiver geführt werden; schließlich geht es um Frieden. Und er wird auch intensiver geführt werden, wenn man beobachtet, was wieder an Waffen in die Ukraine geliefert wird und wie viele (angebliche) ukrainische Soldaten irgendwo außerhalb der Ukraine in NATO- Staaten (die EU besteht zum Großteil aus NATO- Staaten) an diesen westlichen Waffen ausgebildet werden sollen. Für die USA ist klar, dass Russland am Ende des Krieges, egal wann, am Boden liegen muss. Für die USA ist auch klar, dass die europäischen Vasallen (der US- Militärstratege Brzezinski bezeichnete die europäischen Staaten als amerikanische Vasallen und tributpflichtige Staaten) für dieses Ziel den Kopf hinhalten müssen. Die Politiker machen das offensichtlich gerne, die Bevölkerung wohl eher weniger gern.

  Jetzt soll aber parallel zum Krieg noch eine andere Möglichkeit geschaffen werden, gegen Russland bzw. gegen die russische Führung vorzugehen; zumindest will man das der EU- Bevölkerung so verkaufen. Ein „Sondertribunal“ soll geschaffen werden, um Putin und sicher viele andere russische Führungspersönlichkeiten aus Politik und Militär vor ein internationales Gericht stellen zu können. Ein schwieriges Unterfangen; das wird sogar zugegeben. Ein Internationaler Sondergerichtshof soll das werden, um die tatsächlichen oder behaupteten Kriegsverbrechen der Russen in der Ukraine zu untersuchen. Natürlich nur die russischen Kriegsverbrechen, denn die Ukrainer begehen keine. Die Idee mit einem Internationalen Sondergerichtshof kam ursprünglich von der deutschen grünen Außenministerin und Kriegshetzerin Baerbock. (Waren die Grünen früher nicht als Pazifisten bekannt? Ja schon, aber das stimmt längst nicht mehr.) Ein Internationaler Sondergerichtshof deswegen, weil Russland den Internationalen Strafgerichtshof  (IStGH) in Den Haag nicht anerkennt und deswegen von diesem auch nicht verurteilt werden kann. Das trifft aber nicht nur auf Russland zu, sondern auch auf die USA und andere afrikanische und asiatische Staaten.

  Ein solcher Internationaler Sondergerichtshof „würde die Ermittlungsbemühungen des IStGH ergänzen, wo dieser derzeit nicht tätig werden darf“, war zu hören. Und er soll nicht nur gegen den russischen Präsidenten und die politische und militärische Führung Russlands, sondern auch gegen die von Weißrussland tätig werden. Wobei man sich natürlich die Frage stellen muss, womit sich Weißrussland den Zorn der Ermittler zugezogen hat. Das EU- Parlament hat es jedenfalls sehr eilig mit der Einrichtung eines solchen Tribunals. Am 19. Jänner mittags war z. B. auf Twitter zu lesen: „The European Parliament has just voted for a tribunal for Putin“. Dazu wurde eine Grafik gezeigt mit dem Text: „resolution c9-0063/2023 Resolution“. Auf der Grafik ist auch das Abstimmungsergebnis zu sehen: Von 524 anwesenden EU- Abgeordneten stimmten 472 dafür, 19 dagegen und 33 enthielten sich der Stimme. Von den insgesamt 705 EU- Abgeordneten fanden es 181 gar nicht der Mühe wert, anwesend zu sein. (Oder verließen sie etwa vor der Abstimmung den Plenarsaal?) Das ist jedenfalls annähernd ein Viertel der EU- Abgeordneten. Von den Anwesenden stimmten also 90 Prozent dafür, von den gesamten Abgeordneten sind es nur zwei Drittel.

  Laut Baerbock soll dieser Sondergerichtshof nach ukrainischem Recht urteilen, aber seinen Sitz nicht in der Ukraine haben, sondern eventuell in den Haag, und „mit internationalen Elementen gestärkt werden. Um eine breite Legitimation zu erfahren.“ Der IStGH scheidet ja auch deswegen aus, weil bei der Schaffung dieses Gerichtshofes die westlichen Mächte die formalen Voraussetzungen für die Verurteilung eines Angriffskrieges sehr „eng formuliert“ haben. Die westlichen Mächte hätten sonst riskiert, selbst verurteilt zu werden. Denn die ohne UNO- Mandat erfolgten Angriffskriege der NATO- Staaten gegen Jugoslawien (1999), gegen den Irak (2003) und gegen Libyen(2011) waren genau so ein Verstoß gegen internationales Recht wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine. Vor dem IStGH hätte man also keine Handhabe gegen Russland (oder auch die Ukraine). Deswegen soll jetzt ein maßgeschneiderter Sondergerichtshof nur für Russland und Weißrussland geschaffen werden, um den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag umgehen zu können. Die NATO- Angriffskriege dürfen ja auch weiterhin vor keinem Gerichtshof landen.

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