Das wird ihm auch nicht mehr viel ausmachen. Er wurde ja schon vom  – mittlerweile abberufenen – ukrainischen Botschafter als „beleidigte Leberwurst“ geschmäht. Er wurde vom ukrainischen Präsidenten mehr als kritisiert wegen seiner zögerlichen Zusagen zu Waffenlieferungen. Er wurde von US- Präsident biden vorgeführt, als dieser bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte, bei einem russischen Einmarsch in die Ukraine „wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“. Er wurde bezüglich Panzerlieferungen von seinen „Freunden“ über den Tisch gezogen. In der Heimat rasseln die Umfragewerte in den Keller. Vor den Botschaften im Ausland finden die ersten Demos gegen deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine statt und in der Heimat sinkt die Zustimmung für die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine ebenfalls.

  Die Rede ist – von wem denn sonst? – vom deutschen Kanzler Olaf Scholz. Der besuchte im Zuge seiner Südamerika- Reise jetzt Brasilien, wo er sich mit dem neuen linken Präsidenten Lula da Silva traf. Ein Treffen von linken Brüdern im Geiste, so war es vielleicht gedacht. Die Realität war aber ernüchternd. Scholz brachte ja eine Menge Themen und Diskussionsstoff mit. Ein Ende der Regenwald- Abholzung. Lösungen finden bei den letzten Hürden für das von der EU begehrte Handelsabkommen mit den Mercosur- Staaten Südamerikas, meist nur als Mercosur- Abkommen bezeichnet. Eine Rückkehr Brasiliens zur Klimapolitik. Und natürlich eine einheitliche Einstellung zum Ukraine- Krieg und zum Umgang mit Russland. Viel Stoff also. Da Silva beschwerte sich aber über Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes. Das enthalte Bedingungen, die kaum zu erfüllen seien und die würden sich auch in EU- Auflagen befinden. Das sei mit ein Grund, warum Mercosur noch nicht in Kraft ist. Auch beim Ukraine- Krieg scheiden sich die Geister. Der brasilianische Präsident schlägt einen „Friedensclub“ vor, denn „Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt“. Das war die unmissverständliche Antwort von Lula da Silva auf die Bitte von Kanzler Scholz nach Munition für die Gepard- Flugabwehrpanzer, die Deutschland in die Ukraine lieferte. Wenigstens 300.000 Schuss wollte man haben, aber der Brasilianer lässt sich nicht breitschlagen. Kein Futter für die Gepard (Panzer) also. Bezüglich Ukraine und Russland gab es aber noch mehr Gegensätze. Lula da Silva macht, im Gegensatz zu Scholz und dem Westen, die Ukraine auch mitverantwortlich für den Krieg. Über den ukrainischen Präsidenten Zelenskyj sagte da Silva schon im Mai 22 in einem Interview: „Dieser Typ ist für den Krieg genau so verantwortlich wie Putin“. Außerdem, so sagte er jetzt, ist es die Schuld der Ukraine, dass es keine Friedensverhandlungen gibt. Und er fügte hinzu: „Ich weiß nicht, wann der Krieg aufhören wird, wenn wir so lange untätig bleiben“. Untätig bezüglich Friedensverhandlungen. Und obwohl jeder Mensch weiß, dass es sich in der Ukraine um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland handelt, meint Scholz, dass es keinen Frieden über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben darf. Scholz glaubt auch immer noch daran, dass die Ukraine keine Gebiete verlieren darf.

  Für Scholz gab es eine Abfuhr bezüglich der geforderten Panzermunition. Er erreichte nichts bezüglich Mercosur- Handelsabkommen. Es gab keine Zusagen bezüglich Klimapolitik. Und beim Ukraine- Krieg liegen die Ansichten meilenweit auseinander. Scholz war der Meinung, in Lula da Silva einen Gleichgesinnten zu treffen. Da wurde er enttäuscht. er dürfte allerdings auch vergessen haben, dass Brasilien – auch unter Lula da Silva – BRICS- Mitglied ist. Und das sind nun einmal Brasilien, Russland, Indien China und Südafrika.

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