Österreich ist neutral. Immer noch. So hört man es. Lautstark noch von der Bevölkerung; 70 oder 80 Prozent befürworten ja die verfassungsrechtlich verankerte „Immerwährende Neutralität“ und sind strikt gegen einen NATO- Beitritt. In der Politik hingegen werden die Stimmen für die Beibehaltung der Neutralität immer leiser. Die NEOS stellen sie generell in Frage, der EU- Apparatschik Othmar Karas, der mit einem ÖVP- Ticket in Brüssel sitzt, ebenfalls. Auch von der ÖVP in Wien und auch von den anderen Parteien wird immer wieder Zweifel an Sinn und Nutzen der Neutralität geäußert; wohl um die Reaktionen auszuloten. Unser werter Bundespräsident hält auch nicht mehr allzu viel davon, obwohl er sie bei offiziellen Wortmeldungen ein wenig in Schutz nimmt und auch einige Medien sprechen sich mehr oder weniger deutlich gegen die Neutralität aus. Weil sie Österreich angeblich nicht schützt. Im EU- Hauptquartier hält man auch nicht viel davon, weil sie immer wieder Diskussionen verursacht. Darüber z. B., dass auch mit Geld des angeblich noch neutralen Österreich Waffen für die Ukraine gekauft und und auch ukrainische Soldaten in EU- Staaten an westlichen Waffen ausgebildet werden. Apropos Ukraine: Da unterscheidet die österreichische Polit- Elite ja längst zwischen „militärischer Neutralität“ und einer „moralischen Neutralität“. Eine sonderbare Auslegung, von der im Neutralitätsgesetz nichts zu lesen ist. Diese Trennung scheint das Feigenblatt zu sein, mit dem österreichische Politiker den Bruch der Neutralität noch verdecken wollen.
Für das, was der österreichische Außenminister Schallenberg jetzt abzieht, reicht dieses Feigenblatt längst nicht mehr. Er tingelt jetzt nämlich durch die ärmsten Länder des globalen Südens, um sie mit ideologischen Parolen („Wenn das Recht des Stärkeren gilt, ist die Sicherheit aller Nationen gefährdet …“) und finanziellen Ködern („In dieser schwierigen Zeit steht die Europäische Union zu ihren Partnern“) für eine Unterstützung der Ukraine (soll wohl heißen, die EU- Sanktionen gegen Russland mitzutragen). Man könnte fast meinen, dass der Außenminister des neutralen Österreich, vergleichbar mit einem Sektenprediger, mit missionarischem Eifer im globalen Süden ein Bollwerk gegen Russland aufbauen will. Der Wunsch ist fast verständlich, denn er dürfte von der EU ausgehen. Von den 193 UNO- Mitgliedsstaaten beteiligen sich ja nur etwa 35 oder 40 an den Sanktionen gegen Russland, darunter die 27 EU- Staaten. Aber dass sich für diese Werbetour der österreichische Außenminister hergibt, ist schon befremdlich. Schallenbergs „Tournee“ wird aber kaum von Erfolg gekrönt sein. Vor ihm sind schon deutsche Politiker in dieser Frage krachend gescheitert; z. B. in Südamerika, in Afrika, in Indien.
Eigentlich sollte dieser Außenminister von seinem Amt abgezogen werden, damit er nicht noch mehr Schaden an der Reputation des (angeblich noch) neutralen Staates Österreich verursachen kann. Wegen seiner gar nicht bestrittenen Parteinahme im Ukraine- Konflikt kommt ja Österreich gar nicht mehr als Verhandlungsort in Frage. Ungarn als NATO- Mitglied ist jedenfalls neutraler als Österreich. Auch die Schweiz, von den USA und der EU unter Druck gesetzt, ist noch neutraler als Österreich.