Lange Zeit hat sich bezüglich NATO- Beitritt von Schweden und Finnland nichts getan. Eigentlich hat sich schon was getan, denn bis auf die Türkei und Ungarn haben alle anderen NATO- Staaten den Beitrittsantrag der beiden skandinavischen Länder unterzeichnet. Aber nachdem alle Mitglieder unterzeichnen müssen, tut sich eben nichts, wenn zwei Unterschriften fehlen. Der türkische Präsident Erdogan hatte von Anfang an klargemacht, dass er nur zustimmen wird, wenn vorher seine Forderungen erfüllt werden. Und er forderte, dass PKK- Mitglieder, die in Schweden und Finnland um politisches Asyl ansuchten – was ihnen auch gewährt wurde – an die Türkei ausgeliefert werden und die Unterstützung der kurdischen PKK sowie der Gülen- Bewegung eingestellt wird. Jene PKK, die von der Türkei als terroristische Organisation eingestuft wird. Jene PKK, die z. B. in Syrien von den USA unterstützt wird und gegen IS- Truppen kämpft und wahrscheinlich auch gegen die Truppen des syrischen Präsidenten Assad und auch gegen türkische Truppen, die sich in Syrien herumtreiben. Und die Türkei übergab eine Liste mit 73 Namen von Personen – einige Medien sprachen von einer Liste mit „nur“ 33 Namen – deren Auslieferung die Türkei forderte. Die nordischen Länder sagten zwar der Türkei „volle Unterstützung“ zu, kamen aber der geforderten Auslieferung nicht nach. In Schweden lehnte z. B. ein Gericht die Auslieferung eines türkischen Journalisten an die Türkei ab, der auf der Liste stand. Als Reaktion der Türkei auf die Verweigerung wurde die Liste um 40 Namen erweitert. Nachdem Finnland und Schweden nicht reagierten, hieß es: Bitte warten.

  Bis jetzt, denn jetzt tut sich was. Nach Angaben des finnischen Präsidenten hat die Türkei eine Entscheidung zum NATO- Beitritt Finnlands getroffen. Eine Nachrichtenagentur meldete unter Berufung auf türkische Informanten, dass das türkische Parlament den finnischen Antrag auf NATO- Beitritt „höchstwahrscheinlich“ ratifizieren werde, angeblich noch diese Woche, und somit auch noch vor der türkischen Präsidentenwahl. Das betrifft aber nur den finnischen Antrag. Was den türkischen Präsidenten bewogen haben mag, von seiner Forderung zumindest im Fall Finnlands abzugehen und dem finnischen Beitrittsantrag zuzustimmen, ist nicht bekannt. Es dürfte aber auf zunehmenden Druck der USA zurückzuführen sein.

  Wie es jetzt mit dem schwedischen Beitritt weitergeht, ist völlig offen. Und obwohl immer betont wurde, dass die skandinavischen Länder gemeinsam der NATO beitreten wollen, wird Finnland diesen Schritt auch alleine machen – wenn es dazu kommt. Schweden rechnet übrigens damit, dass die türkische Zustimmung erst nach der Präsidentenwahl erteilt wird; eventuell von einem anderen Präsidenten, falls Erdogan die Wiederwahl nicht schafft. Und wenn die Türkei die Blockade aufgegeben hat, dann wird auch Ungarn bald nachfolgen und die Beitrittsansuchen ratifizieren. Eigentlich war diese Ratifizierung ja schon vorgesehen, verzögert sich aber bis mindestens nach dem 25. März. Gerüchten zufolge soll es bis zum 25. März Verhandlungen mit der EU- Kommission geben. Da muss die ungarische Regierung das Feilschen um die Zuweisung von Mitteln aus EU- Fonds wie Corona- Fonds fortsetzen. Bei dieser Zuteilung von EU- Geldern hat die EU- Kommission den Ungarn ja übel mitgespielt und Gelder gesperrt; wegen angeblicher Verletzung der Grundsätze von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Und für die Zuteilung dieser Gelder setzt Viktor Orban als kleines Druckmittel wohl die Zustimmung zum NATO- Beitritt von Schweden und Finnland ein. Wer könnte ihm das verübeln? Die EU- Kommission bezahlt ja auch mit Geldern aus der sogenannten „Friedensfazilität“ horrende Waffen- und Munitionsrechnungen für die Ukraine.

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