Mit Beginn des Ukraine- Krieges und als Folge der Russland- Sanktionen begannen die Treibstoffpreise zu steigen und wurde auch schon an der Versorgungssicherheit gezweifelt. In Österreich beispielsweise erreichte der Dieselpreis an der Tankstelle etwa Mitte Oktober 22 den absoluten Höchstwert mit Euro 2,45, der Benzinpreis stieg auf Euro 2,20. Da kam schon fast Panik auf. Die Zeit der extrem hohen Preise war etwa von März bis Oktober 22, seither sanken die Preise wieder etwas, blieben aber auf hohem Niveau. Bei hohen Spritpreisen ist ja auch der Staat über die hohen Steuern Nutznießer; das darf nicht vergessen werden. Jetzt kann sich die aktuelle Situation aber schlagartig ändern. Die OPEC plus hat ganz überraschend eine Kürzung der Öl- Fördermengen angekündigt. Als Folge dieser Ankündigung reagierten die Ölmärkte mit einem Anstieg der Preise von ein paar Prozent. Die Reduktion der Fördermengen durch die insgesamt 23 Ölförderstaaten (13 OPEC plus 10 Kooperationspartner) soll ab Mai in Kraft treten, pro Tag insgesamt mehr als 1,6 Millionen Barrel betragen und vorläufig bis Ende des Jahres andauern.
Der Grund für die Kürzung der Fördermengen ist nicht bekannt. Auffällig ist aber, dass sie nicht auf einem Treffen von Vertretern der OPEC- Mitgliedsländer beschlossen wurde. Das könnte auf eine gewisse Dringlichkeit (unbekannter Art) hinweisen. Sehr wahrscheinlich ist ein politischer Hintergrund. In dem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die US- Regierung letztes Jahr Saudi- Arabien und andere Förderländer dazu bringen wollte, die Förderquoten zu erhöhen, um die Ölpreise am Weltmarkt zu senken. Dadurch hofften die Amerikaner einerseits auf ein Sinken der hohen Treibstoffpreise in den USA und andererseits glaubten sie, mit niedrigeren Ölpreisen Russlands Einnahmen aus dem Ölgeschäft zu reduzieren. Nur; die Saudis machten da nicht mit. Das Verhältnis zwischen den Saudis und den USA ist ja sehr unterkühlt, seit Joe Biden US- Präsident ist. Die OPEC plus beschloss im Oktober 22 sogar eine Kürzung der Förderung um 2 Millionen Barrel pro Tag. Zur Erinnerung: Ab Mai soll die angekündigte Förderkürzung 1,66 Millionen Barrel pro Tag betragen. Die amerikanische Regierung war im Oktober 22 verärgert und ist es jetzt wieder. Sie sieht mit Blick auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine eine Unterstützung Russland durch Saudi- Arabiens. Die Saudis suchen obendrein die Nähe Chinas. Die beiden Länder reden sogar davon, den Ölhandel nicht mehr in US- Dollar abzuwickeln, sondern in Yuan. Und die Saudis haben mit China auch große Wirtschaftsverträge abgeschlossen, Saudi- Arabien will sogar in die BRICS- Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) aufgenommen werden, so wie andere Länder in Südamerika, Afrika und Asien auch.
Ein Grund für die Entscheidung der OPEC- Gruppe, die Ölförderung zu senken und somit auf höhere Preise nicht nur bei Rohöl, sondern auch bei Fertigprodukten wie Benzin oder Diesel hinzuarbeiten, könnte ein politischer Grund sein.In den USA ist längst der Wahlkampf angelaufen für die Vorwahlen und die nächste Präsidentenwahl im Spätherbst nächsten Jahres. Und höhere Treibstoffpreise in den USA sind pures Gift für die Demokraten. Es geht ja nicht nur um die Wiederwahl von Präsident Biden, es wird ja auch das gesamte Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel des Senats gewählt.
Eine Analystin der „Financial Times“ sieht die Förderkürzung der OPEC plus als eine Botschaft der Saudis an die USA, dass die Welt „keine unipolare Welt mehr sei“.