Die „Pentagon- Leaks“ haben nicht nur für Aufregung rund um die Welt gesorgt. Es wurde – und wird noch – auch sehr intensiv darüber diskutiert und nachgedacht, ob die jetzt nicht mehr geheimen Geheimdokumente echt sind, also glaubhaft, oder ob sie von irgendwem etwas „nachbearbeitet“ wurden. Es wird auch darüber gerätselt, warum wohl bei manchen Dokumenten nur einzelne Seiten, aber nicht das komplette Dokument veröffentlicht wurde. Aber in erster Linie, und das ist der größte Schaden für die USA, wurde der Beweis erbracht, wieder einmal, dass die USA sogar ihre Verbündeten bespitzeln und dass sie (Geheimdienste oder Pentagon oder Regierung oder alle zusammen) der ganzen Welt bis jetzt ins Gesicht gelogen haben bei der Frage, ob US- Militär in der Ukraine aktiv ist. Es geht aber nicht nur um US- Militär. Es geht um NATO- Truppen aus verschiedenen Staaten. Die Echtheit der geleakten Dokumente wurde von den New York Times bestätigt. Das hat aber die Zeitung nicht von sich aus gemacht, das musste autorisiert werden. Vom Pentagon und/ oder den Geheimdiensten und/ oder der Biden- Regierung. Und sollte die Regierung nichts von US- Militär in der Ukraine – nicht zur Botschaftsbewachung, sondern an der Kriegsfront – gewusst haben, wäre das der nächste Riesen- Skandal.
Diese veröffentlichten Papiere haben eine gewaltige politische Wirkung und die USA waren auch fieberhaft bemüht, die undichte Stelle ausfindig zu machen. Und sie hatten allem Anschein nach Erfolg; voll Stolz und wahrscheinlich auch Wut wurde der Täter nicht nur der Öffentlichkeit präsentiert, sondern sondern die Festnahme wurde im Fernsehen live übertragen. Das sollte wohl eine Nachricht sein an potentielle Datendiebe: „Seht her, wir kriegen jeden!“ Oder es sollte zumindest so verstanden werden. Der präsentierte Täter (ist er Schwerverbrecher, Landesverräter, Wahrheitsfanatiker, Wichtigmacher mit Minderwerttigkeitskomplex, gedankenloser Tagträumer oder sonst was?) wird als 21 Jahre alter (junger) Mann beschrieben, als Luftwaffensoldat der Nationalgarde. Diese Nationalgarde ist aber die Miliz eines jeweiligen Bundesstaates und dient auch als Reserve der US- Streitkräfte und der US- Luftwaffe. Ein Nationalgardist ist also nicht ganz dasselbe wie ein Angehöriger der US- Streitkräfte. Der junge Mann, Jack Teixeira mit Namen, kann auf Grund seines Alters kaum eine Militärakademie als Offizier abgeschlossen haben, soweit das für einen freiwilligen Nationalgardisten überhaupt möglich wäre. Andererseits kann er – wiederum auf Grund des Alters – keinen höheren Dienstgrad gehabt haben. Es heißt, dass er 2019, als mit knapp 18 Jahren, in die Nationalgarde eintrat und zum „Spezialist für Cybertransportsysteme“ ausgebildet wurde und als solcher das Kommunikationswesen der Truppe betreute. Und der soll Zugang zu streng geheimen Dokumenten des Pentagon und von Geheimdiensten gehabt haben? Sehr schwer zu glauben. Teixeira soll die Dokumente in ein Forum für Online- Spiele geladen haben, ein sog. Gamerforum.
Und obwohl er beinahe „Staatsfeind Nr. 1“ war, wurden vor dem Zugriff die Medien zwecks Live- Übertragung der Festnahme informiert und wie es heißt, war sogar noch genügend Zeit , mit der Mutter des „gefährlichen Verräters“ vor der Festnahme ein ausführliches Interview zu machen. Und jetzt geht es erst richtig los. (Fast) keine Rede mehr von den Sauereien, die der Mann – aus welchen Gründen auch immer – aufdeckte. Jetzt wird über ihn geredet. Über das Verbrechen, das er begangen hat. Dass er ein Verräter ist, der die Nationale Sicherheit gefährdet hat. ein „Rassist“ und „Antisemit“ soll er obendrein sein. Und als Folge dieses Leaks muss das Internet besser überwacht werden. Weltweit. Wird jetzt gefordert. Und dem Verräter droht lebenslange Haft. Da sind die USA konsequent. Wenn ihre Schweinereien aufgedeckt werden, ist der Aufdecker dran. Diese bittere Erfahrung mussten schon einige Leute machen. Chelsea Manning saß Jahre im Gefängnis, Edward Snowden erhielt nur in Russland Asyl und Julian Assange, der schon in Großbritannien mehrere Jahre in Haft ist, erwarten in den USA bis zu 175 Jahre Gefängnis, wie es heißt.
Kurt Tucholsky sagte einst: „Im übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht“.