Er war der Erste, der es in dieser Deutlichkeit sagte: Der französische Präsident Macron, der davon sprach, dass sich die EU von den USA abnabeln soll, sich selbständig machen muss. Macron mag zwar in Frankreich unbeliebt sein, aber er ist gewiss nicht dumm. Und er sieht wohl in aller Klarheit, dass nicht nur durch den Ukraine- Krieg die EU zunehmend abwärts gleitet und dass die Abhängigkeit von den USA, militärisch wie auch wirtschaftlich, (Stichwort: Flüssiggas) für die EU ein immer schwererer Klotz am Bein wird. Man hörte auch schon von den „tributpflichtigen Vasallen“ in der EU – und das war vor Jahren schon in den USA zu hören und nach und nach erinnern sich EU- Politiker daran, aber trauen sich das noch nicht so recht auszusprechen. Dabei stimmt das und das weiß auch Macron von seinen Herren in der Finanzwelt, denn die wollen ja Geschäfte machen und nicht irgendwann die Masseverwalter einer ruinierten EU sein.
Von den USA war zwar schon des Öfteren zu hören, dass die militärische Sicherheit, die die USA der EU gewähren, nicht zum Nulltarif zu haben ist. Dass die EU- Staaten, zugleich fast ausnahmslos NATO- Staaten, in ihre Verteidigung investieren müssen. Das heißt, sie sollen mehr Geld für Rüstung ausgeben, nach Möglichkeit für Waffen „Made in USA“. Die USA wollen aber keinesfalls, dass die EU den militärischen US- Schutzschirm verlässt und sich selbständig macht. Gerade jetzt, in der Ukraine, sind die USA auf die EU angewiesen. Wer sollte, wenn die EU nicht mitspielen würde, Waffen an die Ukraine liefern, die Ukrainer ausbilden und die Sanktionen mittragen? Wobei die EU ja über die NATO wieder mit den USA verbunden ist. Die Solidarität der EU mit den USA im Ukraine- Krieg gegen Russland hat aber für die EU einen hohen Preis. Die preisgünstige Energie aus Russland ist schon verloren. Ob die zu ähnlichen Konditionen wie vor den Russland- Sanktionen jemals wieder zu haben sein wird, darf bezweifelt werden. Dabei war diese günstige Energie das Um und Auf nicht nur für die deutsche Wirtschaft, um international wettbewerbsfähig sein zu können. Außerdem ist mit Russland ein großer Wirtschaftspartner weggefallen, der seine Wirtschaftsinteressen mittlerweile nach Asien ausgerichtet hat.
Wenn sich die EU auch noch in den sich anbahnenden heißen Konflikt zwischen den USA und Russland/ China hineinziehen lässt, dann ist es endgültig vorbei mit der Wirtschaftsmacht EU und deren „Lokomotive“ Deutschland. Deutschland und Frankreich trifft das am härtesten und Macron traute sich auch, bei seinem China- Besuch davon zu sprechen, dass Europa – er meinte die EU – Seine Abhängigkeit von den USA verringern muss. Allerdings kann die EU auch in naher Zukunft von Autonomie nur träumen, da solche Bestrebungen – sofern sie tatsächlich existieren sollten – z. B. von Polen unterlaufen werden. Als Macron in einer Rede in Den Haag nämlich davon sprach, dass die EU in der aktuellen Krise ihre eigene Sicherheit und ihre Wirtschaft fördern müsse, reiste der polnische Ministerpräsident in die USA. Er wolle die Wirtschafts- und Verteidigungsbeziehungen zu den USA stärken, da die USA „unsere Sicherheit in Europa garantieren“, hieß es.
Ist die EU jetzt auf dem Weg zur Autonomie oder zu noch mehr Vasallentum?