Auf Werbetour für die Ukraine

Österreich ist neutral. Immer noch. So hört man es. Lautstark noch von der Bevölkerung; 70 oder 80 Prozent befürworten ja die verfassungsrechtlich verankerte „Immerwährende Neutralität“ und sind strikt gegen einen NATO- Beitritt. In der Politik hingegen werden die Stimmen für die Beibehaltung der Neutralität immer leiser. Die NEOS stellen sie generell in Frage, der EU- Apparatschik Othmar Karas, der mit einem ÖVP- Ticket in Brüssel sitzt, ebenfalls. Auch von der ÖVP in Wien und auch von den anderen Parteien wird immer wieder Zweifel an Sinn und Nutzen der Neutralität geäußert; wohl um die Reaktionen auszuloten. Unser werter Bundespräsident hält auch nicht mehr allzu viel davon, obwohl er sie bei offiziellen Wortmeldungen ein wenig in Schutz nimmt und auch einige Medien sprechen sich mehr oder weniger deutlich gegen die Neutralität aus. Weil sie Österreich angeblich nicht schützt. Im EU- Hauptquartier hält man auch nicht viel davon, weil sie immer wieder Diskussionen verursacht. Darüber z. B., dass auch mit Geld des angeblich noch neutralen Österreich Waffen für die Ukraine gekauft und und auch ukrainische Soldaten in EU- Staaten an westlichen Waffen ausgebildet werden. Apropos Ukraine: Da unterscheidet die österreichische Polit- Elite ja längst zwischen „militärischer Neutralität“ und einer „moralischen Neutralität“. Eine sonderbare Auslegung, von der im Neutralitätsgesetz nichts zu lesen ist. Diese Trennung scheint das Feigenblatt zu sein, mit dem österreichische Politiker den Bruch der Neutralität noch verdecken wollen.

   Für das, was der österreichische Außenminister Schallenberg jetzt abzieht, reicht dieses Feigenblatt längst nicht mehr. Er tingelt jetzt nämlich durch die ärmsten Länder des globalen Südens, um sie mit ideologischen Parolen („Wenn das Recht des Stärkeren gilt, ist die Sicherheit aller Nationen gefährdet …“) und finanziellen Ködern („In dieser schwierigen Zeit steht die Europäische Union zu ihren Partnern“) für eine Unterstützung der Ukraine (soll wohl heißen, die EU- Sanktionen gegen Russland mitzutragen). Man könnte fast meinen, dass der Außenminister des neutralen Österreich, vergleichbar mit einem Sektenprediger, mit missionarischem Eifer im globalen Süden ein Bollwerk gegen Russland aufbauen will. Der Wunsch ist fast verständlich, denn er dürfte von der EU ausgehen. Von den 193 UNO- Mitgliedsstaaten beteiligen sich ja nur etwa 35 oder 40 an den Sanktionen gegen Russland, darunter die 27 EU- Staaten. Aber dass sich für diese Werbetour der österreichische Außenminister hergibt, ist schon befremdlich. Schallenbergs „Tournee“ wird aber kaum von Erfolg gekrönt sein. Vor ihm sind schon deutsche Politiker in dieser Frage krachend gescheitert; z. B. in Südamerika, in Afrika, in Indien.

  Eigentlich sollte dieser Außenminister von seinem Amt abgezogen werden, damit er nicht noch mehr Schaden an der Reputation des (angeblich noch) neutralen Staates Österreich verursachen kann. Wegen seiner gar nicht bestrittenen Parteinahme im Ukraine- Konflikt kommt ja Österreich gar nicht mehr als Verhandlungsort in Frage. Ungarn als NATO- Mitglied ist jedenfalls neutraler als Österreich. Auch die Schweiz, von den USA und der EU unter Druck gesetzt, ist noch neutraler als Österreich.

Industrie auf dem Rückzug

  Man hört schon eine Weile, dass Deutschland mit dieser Regierung und deren komplett grün- linken Programm (war aber die vorige Regierung auch nicht ganz unschuldig) und auch mit diesem Engagement im Ukraine- Krieg die De- Industrialisierung droht. Und man hörte auch schon, dass namhafte Firmen pleite gingen, z. T. wegen der Energiepreise, und andere Firmen das Land verlassen und abwandern, meist in die USA. Weil die USA – der gute Freund Deutschlands – die Voraussetzungen für Abwanderung schaffen, dadurch die eigene Wirtschaft stärken und jene Deutschlands schwächen. Und dass an den Gerüchten von De- Industrialisierung und sinkender Wettbewerbsfähigkeit was dran ist, wurde jetzt bestätigt. Der Großteil der deutschen Autozulieferer – und die repräsentieren eine große Menge an Beschäftigten – äußerten die Meinung, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Vergleich nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Gründe dafür seien aufgeblasene Bürokratie, hohe Lohnkosten, teure Energie und der Fachkräftemangel. Das kam als Ergebnis einer Befragung von mehr als 100 Unternehmen im Verband der Automobilindustrie zutage. Erschreckende 88 Prozent der Befragten bezeichneten Deutschland als nicht mehr wettbewerbsfähig, nur 7 Prozent waren gegenteiliger Meinung. Es ist somit zu befürchten, wenn sich die Situation nicht zum Besseren wendet, dass in absehbarer Zeit so manche Mittelbetriebe – Autozulieferer sind ja großteils keine Kleinbetriebe – aus wirtschaftlichen Gründen dicht machen müssen. Oder, wie Wirtschaftsminister Habeck einmal sagte: „… Ich kann mir vorstellen, dass bestimmte Branchen erst mal aufhören zu produzieren“. Die Skepsis ist aber trotz der Tatsache, dass sich die Situation rund um die Beschaffung von Rohstoffen entspannt hat, vorhanden. Und, was die Situation noch verschlechtert: Fast 30 Prozent der Unternehmen wollen geplante Investitionen ins Ausland verlagern,weitere fast 30 Prozent wollen Investitionen verschieben und 14 Prozent wollen sie ganz streichen. Das heißt, es geht viel Wertschöpfung bei anderen Branchen wie in der Bauwirtschaft oder im Maschinenbau verloren. Positive Nachrichten schauen anders aus.

  Was die Energiepreise als einen der Faktoren für die negative Wirtschaftseinschätzung betrifft: Die hohen Preise sind großteils selbstgemacht, sie sind eine direkte Folge der Energiewende, der übereilten Abschaltung der Kohle- und Atomkraftwerke und der Forcierung des schwankungsanfälligen Solar- und Windstroms. Diese Schwankungsanfälligkeit könnte schlimmstenfalls auch der Auslöser für großfläcchige Stromausfälle („Blackouts“) werden. Die Bundesregierung hat zwar beschlossen, kein Gas und Öl mehr aus Russland zu kaufen, andere EU- Länder machen das aber weiterhin. Sie muss jetzt aber von anderen Lieferanten zu einem wesentlich höheren Preis zukaufen, denn ganz ohne geht es halt nicht. Diese selbst verursachten teuren Energiepreise vertreiben und ruinieren die deutsche Industrie. Ein weiterer Tiefschlag ist das kommende Verbrenner- Verbot. Die Folgen dieses Verbots werden ja nicht erst 2035 – da soll das Verbot in Kraft treten – für die Industrie spürbar werden, sondern schon lange zuvor. Bei der Planung von neuen Produkten, bei Investitionen wie neuen Gebäuden, neuen Produktionsanlagen, neuen Maschinen usw.

  Das Problem als solches betrifft aber nicht nur die deutschen Autozulieferer, sondern die ganze Industrie. Die aufgezeigten Probleme der Autozulieferer sind nur die Spitze des Eisbergs. Mit grüner Ideologie und Durchhalteparolen wird der Wirtschaftsminister die Probleme aber nicht lösen können.

Die Klimarettung: Verschoben

  Vor gar nicht langer Zeit schien es beschlossene Sache zu sein, dass es in der EU mit dem Verbrenner- Motor ab 2035 aus und vorbei ist. Die Mehrheit der Politiker schien die Meinung zu vertreten, dass es aus Gründen des Klimaschutzes ganz einfach so sein muss, spätestens ab diesem Zeitpunkt neue Verbrenner zu verbieten. Vielen aggressiven grünen Klimarettern, u. a. der österreichischen Umwelt- und Verkehrsministerin, war 2035 sogar zu spät angesetzt, drängten auf 2030. Bedenken wegen der Zerstörung einer ganzen Industrie, der Autoindustrie, wurden beiseite gewischt. Die Klimarettung hat Vorrang und es ist eh schon fast zu spät. Auch Einwände, dass es ja auch E- Fuels, also schadstofffreie Treibstoffe, gibt, ließ man nicht gelten und die leise vorgebrachten Zweifel an der Verfügbarkeit von ausreichend Strom für E- Autos wurden fast als Beleidigung empfunden.

 So sah der Fahrplan bezüglich Verbrenner- Verbots aus. Aber jetzt meldete sich der deutsche Verkehrsminister zu Wort und er teilte mit, dass Deutschland dem geplanten Verbot zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen könne. Vielleicht haben ihm die deutschen Bosse der Autoindustrie klar gemacht, welche Auswirkungen ein uneingeschränktes Verbot der Verbrenner- Motoren für die deutsche Wirtschaft hätte. Der FDP- Politiker bekräftigte jedenfalls die Forderung an die EU- Kommission, einen Vorschlag für den Einsatz klimaneutraler synthetischer Treibstoffe, also sogenannter E- Fuels, vorzulegen. Das hatte die Kommission ja einmal zugesagt. Somit ist jetzt fix, dass am 7. März nicht, wie ursprünglich geplant, die endgültige Entscheidung über das Verbot von Verbrennungs- Motoren ab 2035 getroffen wird und das teilte ein Sprecher des zuständigen schwedischen EU- Ratsvorsitzes in Brüssel mit.

  Man könnte jetzt sagen, dass sich die Vernunft durchgesetzt hat. Denn eines ist klar: Dieses Verbot würde dem Klima und der Umwelt guttun, es würden aber in der EU Millionen an Arbeitsplätzen wackeln, ein beträchtlicher Teil würde sicher verschwinden. Und dieses Verbot würde die Abhängigkeit speziell von China verstärken und Abhängigkeit ist aktuell ein gar nicht gern gehörtes Wort. Ein jetziges Verbot ohne Ausnahmen wie eben für E- Fuels wäre also ein Schnellschuss ins eigene Knie. Denn, wie schon erwähnt, eine gesicherte Stromversorgung samt dazugehöriger Infrastruktur für zu erwartende viele Millionen an E- Autos gibt es nicht. Das ist auch eine Frage von Rohstoffen wie z. B. seltenen Erden, Lithium, Kobalt usw. – und davon gibt es in der EU fast nichts.

  Eine Abstimmung über ein Verbot wäre übrigens daran gescheitert, weil die Voraussetzungen nicht erreicht worden wären. Voraussetzung wären 15 der 27 Mitgliedsstaaten mit zusammen mindestens 65 Prozent der EU- Bevölkerung. Da neben Deutschland auch Italien, Polen und Bulgarien dem Verbot nicht zugestimmt hätten, wären die erforderlichen 65 Prozent der EU- Bevölkerung nicht erreicht worden. Der deutsche Minister ist übrigens überzeugt davon, dass die EU- Kommission gar kein Interesse daran hat, Ausnahmeregeln für emissionsfreie Treibstoffe auszuarbeiten und auf den Tisch zu legen. Es kann also noch längere Zeit dauern, bis es zu einer Abstimmung kommt. Man muss aber auch erwähnen, dass weltweit nirgends so viel Druck gemacht wird bezüglich Verbrennerverbot wie im globalen Westen und da ganz besonders in der EU. Der globale Süden, und das ist der größte Teil der Weltbevölkerung, hat es da nicht so eilig, hat man den Eindruck. Dort sieht man kaum PV- Anlagen oder Windräder, aber dafür werden Unmengen an Kohlekraftwerrken betrieben und neu gebaut und E- Autos auf der Straße sind eine Rarität. Die EU alleine wird aber die Welt nicht retten können.

Unüberlegte Forderung

Vor dem Hintergrund des Streits um einen chinesischen Ballon – ob Wetter- oder Spionageballon, sei einmal dahingestellt – über US- Staatsgebiet, der letztendlich von der US- Luftwaffe auf Anweisung von Präsident Biden abgeschossen wurde und dessen im Meer gesuchten Reste von US- Behörden ausgewertet werden sollen, spitzt sich der Konflikt zwischen China und den USA zu. Ein Konflikt, bei dem es für die USA um fast alles gehen wird. Jedenfalls darum, ob die USA die einzige Weltmacht sind und bleiben, ob weiterhin eine unipolare Weltordnung herrscht – die viele kluge Köpfe schon seit Jahren nicht mehr sehen – oder ob es zu einer multipolaren Weltordnung kommen wird – mit mehreren Akteuren wie China, Indien, Russland, USA. Die sich die Welt im politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich teilen. Oder ob es gar zu einer Unordnung als Weltordnung kommt, weil sich die Rivalen in die Wolle kriegen. Beim Konflikt zwischen den USA und China ist es jedenfalls schon so weit, dass einige hohe US- Militärs für 2025 eine militärische Auseinandersetzung sehen. Aktuell gibt es aber den Ukraine- Krieg. Der soll Russland so weit schwächen, dass eine Unterstützung für das angegriffene China unwahrscheinlich bis unmöglich wird. Wobei aber ein langer Ukraine- Krieg auch für die USA nicht von Vorteil ist; da werden zu viele Köpfe gebunden, die für die strategische Planung des China- Konflikts benötigt werden.

  All diese Überlegungen mögen der Grund dafür sein, dass jetzt der Fraktionschef der EVP (Europäische Volkspartei), Manfred Weber, (ja genau; der sollte doch EU- Kommissionspräsident werden, bevor Ursula von der Leyen aus dem Hut gezaubert wurde) die EU zum Schulterschluss mit den USA aufgerufen hat. In einem Interview sagte Weber, dass „die offensichtlichen Spionageaktivitäten Chinas“ doch „Grund zur Sorge“ gäben. Seiner Meinung nach werde das Verhalten der chinesischen Führung westlichen Staaten gegenüber „deutlich aggressiver“. Deshalb forderte er, dass die „freie Welt“ im „Systemwettbewerb mit China“ zusammenstehen müsse und ein Schulterschluss zwischen den USA, der EU und weiteren Verbündeten (wie z. B. Japan und Südkorea) „unabdingbar“ sei. Nur auf diese Art werde es möglich sein, den „zunehmend aggressiven Giganten in Asien“ eindämmen zu können.

  Weber fordert eine aktive Einmischung der EU in Asien, nennt das „Verantwortung übernehmen“. Welche Verantwortung; etwa für eine militärische Auseinandersetzung, die man provoziert? Und deswegen dürfe die EU die „amerikanischen Freunde mit ihren Partnern“ nicht im Stich lassen. Da gibt es doch einen alten Spruch, der da lautet: „Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen“. Diesen Spruch sollte Weber, der als einer der schlimmsten Scharfmacher und Kriegshetzer im EU- Parlament gilt, nicht außer acht lassen. Er forderte ja auch schon ein paar Monate nach Beginn des Ukraine- Krieges die Lieferung schwerer Waffen ohne Einschränkung an das Regime in Kiew. Aber nicht nur das; er forderte auch, dass sich die EU- Staaten gemeinsam Flugzeugträger zulegen sollen, um weltweit in allen Krisengebieten mitmischen zu können. Wie es seit Jahrzehnten die USA machen.

  Weber sollte jetzt, bevor er den Konflikt mit China noch mehr anheizt, einmal abwarten, wie die EU das Ukraine- Schlamassel übersteht. Wenn nämlich eine Großmacht wirtschaftlich am Boden liegt – und die EU hält sich nach wie vor für eine wirtschaftliche Großmacht, obwohl sie gerade dabei ist zu Boden zu gehen – dann ist sie keine Großmacht mehr. Und ein Krieg für die EU ist mehr als genug, es ist einer zu viel. Da braucht es erst recht keinen zweiten Krieg, bei dem die EU den Stellvertreter spielen darf.

Schlau wird man daraus nicht

Unser werter Bundespräsident, Alexander „Sascha“ Van der Bellen, war letztens mit Umweltministerin und Wirtschaftsminister, mit hochrangigen Vertretern von Hilfsorganisationen, mit Medienleuten und natürlich auch mit seiner Gattin (warum sah man die nicht auf Bildern in den Medien?) auf Staatsbesuch in der Ukraine; mit einem millionenschweren „Geschenkskorb“, bezahlt mit österreichischem Steuergeld. Über den Grund des Besuches wird in der Öffentlichkeit immer noch gerätselt. Beim Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Zelenskyj stellte dieser die bizarre Forderung, dass sich Österreich, wenn es schon keine Waffen liefert, doch bei der Minenräumung und bei der Drohnenabwehr mit dem Bundesheer nützlich machen könne. Es hat sich anscheinend schon herumgesprochen, dass es das offizielle Österreich mit der gesetzlich festgeschriebenen Neutralität nicht so genau nimmt. Waffenlieferungen waren natürlich angesprochen worden. Dazu sagte aber unser Staatsoberhaupt und oberster Befehlshaber des Bundesheeres, dass das auf Grund der in der Verfassung verankerten Neutralität nicht möglich sei. Er meinte dann auch noch, dass er, was Waffenlieferungen betreffen würde, der falsche Ansprechpartner sei, denn „wir in Österreich müssen gestehen, unsere Armee nach 10 Jahren finanzieller Aushungerung so vernachlässigt zu haben, dass ich nicht wüsste, welche Waffen wir liefern könnten“. Der werte Herr Bundespräsident ist allerdings nicht erst seit gestern, sondern schon seit seiner ersten Angelobung am 26. Jänner 2017 Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Er bezeichnete das Bundesheer im Sommer vergangenen Jahres zwar als „nicht nennenswert“, korrigierte sich dann schnell noch auf „nicht mit nennenswerten Waffen ausgestattet“, forderte aber in all den Jahren als Oberbefehlshaber nie eine bessere Ausrüstung.

  Die Äußerungen unseres sehr verehrten Herrn Bundespräsidenten, dass Österreich wegen der gesetzlichen Lage keine Waffen an die Kriegspartei Ukraine liefern darf, horchte sich fast wie eine Entschuldigung an. Die Verfassung als Fessel, die uns hindert, unseren moralisch hochstehenden Freunden in der Ukraine zu helfen. Unter all unserem Kriegsgerät hätte sich gewiss was finden lassen für Herrn Zelenskyj, auch wenn der Bundespräsident meinte, er wüsste nicht, welche Waffen er liefern könnte. Und die Verfassung, über die er wegen nicht zulässiger Waffenlieferungen enttäuscht war, wurde von ihm bei anderen Anlässen sogar gelobt. Bei der Regierungskrise 2019 sprach er von der Eleganz und Schönheit der Verfassung. Die Einstellung unseres Bundespräsidenten zur Verfassung scheint sehr flexibel zu sein. Einmal sieht er sie anscheinend als störend, weil sie Waffenlieferungen nicht zulässt. Ein anders Mal lobt er sie, weil sie ihm anscheinend die Freiheit lässt, unliebsame Regierungsmitglieder zu „neutralisieren“ oder sie, den Wählerwillen ignorierend, nicht angeloben könnte. Und auch in der Corona- Pandemie war er bezüglich Verfassung sehr flexibel. Er unterschrieb das Gesetz zur Impfpflicht, obwohl die Rechtmäßigkeit angezweifelt wurde. Und er unterschrieb auch andere Gesetze, die hinterher als verfassungswidrig aufgehoben wurden. Aber dazu gab es bisher nie Fragen.

  Eines wurde bei diesem fragwürdigen Staatsbesuch in der Ukraine vom Bundespräsidenten aber klargestellt. Er gestand ein, dass der Transport von Kriegsmaterialien einiger NATO- Staaten in Richtung Ukraine über österreichisches Hoheitsgebiet, egal ob am Boden oder in der Luft, trotz angeblicher Neutralität kein Problem darstellt. Zum Schluss bleibt die offene Frage, ob dieser Staatsbesuch für Österreich irgend etwas Positives brachte, außer dass er von Brüssel (und vielleicht von Washington) wohlwollend betrachtet wurde.

Viele Meinungen

Viele schlauen Köpfe sind überzeugt, dass der Ukraine- Krieg noch lange, möglicherweise noch mehrere Jahre andauern wird. Diese Leute sind also überzeugt, dass die Russen den fortwährenden Waffenlieferungen an die Ukraine entgegenhalten können, also Gleichwertiges aufzubieten haben. Und diese Leute meinen, dass Russland auf diese Art und Weise doch dermaßen geschwächt wird, dass es letztendlich vor den Amerikanern am Boden liegt; zu keiner Gegenwehr mehr fähig ist. Und selbstverständlich auch nicht mehr fähig, China beizustehen, wenn das „Reich der Mitte“ von den USA attackiert wird. Diese Vorstellung mag für so manche klugen Köpfe was Verlockendes haben, aber vermutlich wird es das so nicht spielen. Wenn der Krieg in dieser Intensität weitergeht oder die Intensität noch gesteigert wird, und das wird sie spätestens nach der Lieferung der Panzer und Raketen mit größerer Reichweite, dann gehen der Ukraine irgendwann die Soldaten aus. Das mag brutal klingen, aber das ist so und der Krieg ist brutal. Mit jedem Tag bewahrheitet sich der Spruch mehr, dass die USA die Ukraine bis zum letzten Ukrainer verteidigen. Und mit jedem Tag steigt die Wahrscheinlichkeit, dass nicht nur freiwillige Ausländer an der ukrainischen Front kämpfen, sondern reguläre NATO- Bodentruppen. Dass NATO- Mannschaften in den Panzern sitzen, die Artillerie- Einheiten und Raketenwerfer bedienen, die Kampfjets steuern. Nur; dann ist alles möglich, dann kann ganz Europa brennen.

  Es gibt auch schlaue Köpfe, die sehen ein ganz anders Szenario. Ein „Think Tank“, wie man auf Neudeutsch zu sogenannten Denkfabriken sagt, hat das in einem Bericht zusammengefasst. In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass ein „langwieriger Konflikt nicht den Interessen der USA entspricht“. Es soll zwar der Kampf gegen Russland unterstützt werden, aber nicht auf die Art wie im Fall des Ukraine- Krieges. Der angesprochene Bericht untersucht die Risiken des Ukraine- Krieges für die USA und kommt zum Schluss, dass ein langwieriger Konflikt das Risiko eines Atomkrieges erhöht. Im Bericht heißt es: „Die Diskussion über den Russland- Ukraine- Krieg in Washington wird zunehmend von der Frage beherrscht, wie er enden könnte. Um dieser Diskussion eine Grundlage zu geben, werden … Wege aufgezeigt, wie sich der Krieg entwickeln könnte und wie sich alternative Läufe auf die Interessen der USA auswirken könnten …“ Es wird darauf hingewiesen, dass es für die US- Interessen am besten wäre, einen langen Krieg zu vermeiden und größere Eskalationen zu unterbinden. Der Ukraine- Krieg macht es für die USA schwieriger, sich auf den kommenden Konflikt mit China vorzubereiten. Dazu heißt es klipp und klar: „Die Fähigkeit der USA, sich auf ihre anderen globalen Prioritäten – insbesondere den Wettbewerb mit China – zu konzentrieren, wird eingeschränkt bleiben, solange der Krieg die Zeit hochrangiger politischer Entscheidungsträger und die militärischen Ressourcen der USA in Anspruch nimmt“.

  Das mit den militärischen Ressourcen zeigt sich schon bei schwerer Artilleriemunition, die die USA schon aus Israel und Südkorea für die Ukraine zurückholten, und beim Javelin- Waffensystem. Und dem Bericht zufolge wird auch eine Rückeroberung von Gebieten wie z. B. dem Donbass als „weniger bedeutender Vorteil“ gesehen und „die Vermeidung eines langen Krieges hat für die USA eine höhere Priorität als die Ermöglichung einer deutlich größeren ukrainischen Gebietskontrolle“. Die „Schwächung Russlands“ hat für die USA mehr Nutzen als ukrainische Landgewinne, ist aber auch nicht das Risiko eines langen Krieges wert.

  Diverse moderne Panzer und anders Kriegsgerät ist jetzt zugesagt, wird sicher auch geliefert (auch die US- Abrams- Panzer?) und eingesetzt. In weiterer Folge ist aber davon auszugehen, dass der ukrainische Forderer- Präsident Zelenskyj von den USA (oder vom britischen Ex- Premier Johnson) eingebremst wird. Dass z. B. weitere Waffenlieferungen mit der Verpflichtung zu Verhandlungen mit Russland verknüpft werden. Allerdings wären die USA schon alleine aus einem einzigen Grund hocherfreut über einen Sieg der Ukraine samt Rückeroberung des Donbass, denn dort befinden sich große Titan- Lagerstätten. Von diesem besonderen Metall brauchen die USA sehr viel, z. B. für die Waffen- und Flugzeugindustrie, haben selbst aber nichts. Über diese Titan- Geschichte veröffentlichte letztens „Newsweek“ einen großen Artikel unter dem Titel: „The Battle for Ukaine´s Titanium“.

Nichts erreicht

  Mit der Südamerika- Tour des deutschen Kanzlers Scholz kam unerwartet das sogenannte Mercosur- Abkommen wieder ins Gespräch. Eigentlich ist es ja das EU- Freihandelsabkommen mit den sogenannten Mercosur- Staaten Südamerikas. Wobei Mercosur (Mercado Comun del Sur – Gemeinsamer Markt des Südens) eben ein gemeinsamer Markt ist; dessen Mitgliedsstaaten sind  Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela, wobei Venezuela seit 2016 dauerhaft suspendiert ist. Mit diesem Staatenbund und zugleich einer der größten Wirtschaftsgemeinschaften der Welt steht also die EU in Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Dieses Abkommen ist ja mehr oder weniger ausverhandelt, aber der Teufel steckt halt, wie so oft, im Detail. Seit 2019 gibt es eine grundsätzliche Einigung, aber noch ist nichts ratifiziert. Und genau deswegen drängte Scholz auf seiner ersten Station in Südamerika, in Argentinien, auf einen schnellen Abschluss. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem argentinischen Präsidenten in Buenos Aires sagte er, um eine Vertiefung der Handelsbeziehungen bemüht: „Wir wollen deswegen auch unseren strategischen Dialog zur Energiepolitik weiter fortsetzen … Das gilt zum Beispiel auch für die Nutzung von Flüssiggas LNG“. Er ist ja auch deswegen in Südamerika, um die Abhängigkeit Deutschlands von China bei Rohstoffen zu reduzieren und Argentinien könnte ein Lieferant von Flüssiggas für Deutschland und für die EU werden, außerdem gibt es in Argentinien große Lithium- Vorkommen. Ein Rohstoff, ohne den es keine E- Autos geben würde. Ursprünglich ging es bei diesem
Abkommen, vereinfacht gesagt, um Rindfleisch gegen europäische Autos, aber der Ukraine- Krieg hat vieles verändert.

  Beim Mercosur- Abkommen spießt es sich aber weiterhin. Einer der Streitpunkte ist die Forderung der EU, dass Brasilien konkrete Zusagen zum Schutz des Amazonas- Regenwaldes machen muss. Die gibt es bis jetzt nicht; nur vage Versprechen. Das war unter dem abgewählten brasilianischen Präsidenten Bolsonaro so und das scheint unter dem neuen Präsidenten Lula da Silva bis jetzt nicht anders zu sein. Der sagte zwar: „Das Abkommen mit der EU ist dringend notwendig“, aber eine Unterschrift gibt es trotzdem nicht. Und es gibt auch Unstimmigkeiten innerhalb der südamerikanischen Mercosur- Staaten. Uruguays Präsident z. B. kündigte an, sein Land für wirtschaftliche Beziehungen mit China zu öffnen. Einer Öffnung China gegenüber ist aber auch der brasilianische Präsident nicht ganz abgeneigt. Trotzdem sagte er in einem Gespräch mit Scholz: „Wir werden versuchen, den Europäern zu zeigen, wie flexibel wir sind. Und wir wollen, dass die Europäer uns zeigen, wie flexibel sie sind“. Also weiterhin keine fixe Zusage, obwohl Lula da Silva fordert, dass das Abkommen schnell in Kraft tritt.

  In Brüssel wird ja schon überlegt, das Mercosur- Abkommen als geteiltes Abkommen zu behandeln, mit einem Splitting. Dadurch kann die geforderte Einstimmigkeit umgangen werden. Wenn zuerst über den Handelsvertrag abgestimmt wird, braucht es keine Einstimmigkeit und große Teile des Abkommens können sofort vorläufig in Kraft treten. So wurde es ja auch bei CETA, dem Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, gehandhabt. Bei Mercosur ist es aber noch nicht so weit. Aber es wird wohl trotz Veto aus Österreich – soweit es das noch gibt – so kommen. Von einem Punkt des Abkommens hört man aber zur Zeit nichts; von den Schiedsgerichten. Jene nicht- staatlichen Schiedsgerichte, vor denen Konzerne ganze Staaten und Regierungen beispielsweise auf Schadenersatz für entgangene Gewinne klagen können. Wenn etwa strengere Umweltschutzmaßnahmen eingeführt werden.

  Vielleicht spielte es bei den Gesprächen mit Scholz auch eine Rolle, dass Brasilien Mitglied von BRICS ist, jenem Staatenbund aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Und Argentinien ist bestrebt, ein Mitglied zu werden. Nicht unbedingt förderlich für die EU.

Radioaktive Bedrohung

  Im Ukraine- Krieg wurde eine weitere Hemmschwelle überwunden. Der Westen hat Kampfpanzer, die der ukrainische Präsident schon lange forderte, endlich zugesagt. Aber nicht irgendwelche veralteten und ausgemusterten Modelle. Die wurden ja schon zu Hunderten auf russischer wie auch auf ukrainischer Seite abgeschossen. Nein, Zelenskyj forderte das Beste auf diesem Sektor und das wurde ihm auch zugesagt. Von den USA die Abrams- Panzer. Da wird es allerdings noch etwas dauern, bis die kommen. Die werden angeblich nur mit „2. Wahl- Panzerung“ ins Ausland geliefert. Die „1. Wahl- Panzerung“ soll auf gar keinen Fall den Russen in die Hände fallen. Das wahre Objekt der ukrainischen Begierde ist aber der deutsche „Leo“, der Leopard 2- Panzer. Der wird jetzt nicht nur von Deutschland geliefert, sondern auch von Ländern, die den Leopard ebenfalls haben. Von Polen beispielsweise. Aber auch beim „Leo“ gibt es Unterschiede. Die meisten Länder haben den Leopard 2 A4, eine ältere Variante. Deutschland hat den A6 oder gar den A7, von dem es heißt: „Unerreichte Kampfkraft in Kombination mit Mobilität und Schutz“. Großbritannien will Challenger 2 – Panzer liefern, Frankreich will Leclerc- Panzer schicken. Es sollen so schnell wie möglich mindestens zwei Panzer- Bataillone mit Leopard- Panzern zusammengestellt werden. Die Ausbildung ukrainischer Panzermannschaften – 4 Mann pro Panzer – soll so schnell wie möglich beginnen bzw. soll in Deutschland und in Polen angeblich schon angelaufen sein. Die Ukraine will ja die „West- Panzer“ spätestens zum Beginn der zu erwartenden Frühjahrsoffensive der Russen schon einsetzen. Schließlich und endlich heißt es ja nicht mehr, dass die Ukraine nicht verlieren darf. Es heißt ja längst, dass die Ukraine gewinnen muss. Und dieser Sieg soll eben auch mit Hilfe der neuen Panzer errungen werden; die sollen die „Gamechanger“ sein.

  Ein Thema wurde während des mittlerweile fast ein Jahr dauernden Ukraine- Krieges noch nie angesprochen: Die Munition, mit der bis jetzt die Panzer – russische wie ukrainische – „geknackt“ wurden. Konkret wurde noch nie angesprochen bzw. wurde noch nie gefragt, ob da Munition mit abgereichertem Uran, auch DU- Munition (depleted uranium) genannt, eingesetzt wurde oder wird. Diese Munition ist ja nicht explizit verboten, obwohl die Folgen des Einsatzes verheerend sind. Nicht nur, weil der schwere Urankern der Geschosse die Panzerungen durchschlägt, sondern weil der freigesetzte Uranstaub eine hochgiftige Gefahr für den menschlichen Organismus darstellt. Eingesetzt wurde diese Munition bisher, soweit bekannt, im Zweiten Golfkrieg, in den Balkan- Kriegen, im Irak- Krieg, im Syrien- Krieg, in Afghanistan und auf anderen Kriegsschauplätzen. Und verschossen wurden bisher einige tausend Tonnen dieses atomaren Sondermülls; eine billige „Entsorgung“. Der freigesetzte Uranstaub verursacht Krebs, Missbildungen bei Neugeborenen, verseucht den Boden, die Luft und das Wasser.

  Über diese Uranmunition will niemand reden, am allerwenigsten das Militär. Aber da einige Waffenlieferanten für die Ukraine, wie z. B. die USA, Großbritannien, Schweden, Frankreich und andere diese Munition haben, kann eine Lieferung und der Einsatz auch nicht ausgeschlossen werden. Und wer läuft schon mit einem Geigerzähler auf dem Schlachtfeld herum, um die Radioaktivität zu messen? Die Ukraine ist bekanntermaßen einer der größten Getreideexporteure der Welt und der Krieg spielt sich gewiss auch in Getreide- Anbaugebieten ab. Sollte dort dieser radioaktive Müll zum Einsatz kommen, dann wird in absehbarer Zeit uranverseuchtes Getreide in die ganze Welt exportiert.

Schelte für den Kanzler

Das wird ihm auch nicht mehr viel ausmachen. Er wurde ja schon vom  – mittlerweile abberufenen – ukrainischen Botschafter als „beleidigte Leberwurst“ geschmäht. Er wurde vom ukrainischen Präsidenten mehr als kritisiert wegen seiner zögerlichen Zusagen zu Waffenlieferungen. Er wurde von US- Präsident biden vorgeführt, als dieser bei einer gemeinsamen Pressekonferenz sagte, bei einem russischen Einmarsch in die Ukraine „wird es kein Nord Stream 2 mehr geben“. Er wurde bezüglich Panzerlieferungen von seinen „Freunden“ über den Tisch gezogen. In der Heimat rasseln die Umfragewerte in den Keller. Vor den Botschaften im Ausland finden die ersten Demos gegen deutsche Waffenlieferungen in die Ukraine statt und in der Heimat sinkt die Zustimmung für die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine ebenfalls.

  Die Rede ist – von wem denn sonst? – vom deutschen Kanzler Olaf Scholz. Der besuchte im Zuge seiner Südamerika- Reise jetzt Brasilien, wo er sich mit dem neuen linken Präsidenten Lula da Silva traf. Ein Treffen von linken Brüdern im Geiste, so war es vielleicht gedacht. Die Realität war aber ernüchternd. Scholz brachte ja eine Menge Themen und Diskussionsstoff mit. Ein Ende der Regenwald- Abholzung. Lösungen finden bei den letzten Hürden für das von der EU begehrte Handelsabkommen mit den Mercosur- Staaten Südamerikas, meist nur als Mercosur- Abkommen bezeichnet. Eine Rückkehr Brasiliens zur Klimapolitik. Und natürlich eine einheitliche Einstellung zum Ukraine- Krieg und zum Umgang mit Russland. Viel Stoff also. Da Silva beschwerte sich aber über Vorgaben des deutschen Lieferkettengesetzes. Das enthalte Bedingungen, die kaum zu erfüllen seien und die würden sich auch in EU- Auflagen befinden. Das sei mit ein Grund, warum Mercosur noch nicht in Kraft ist. Auch beim Ukraine- Krieg scheiden sich die Geister. Der brasilianische Präsident schlägt einen „Friedensclub“ vor, denn „Brasilien ist ein Land des Friedens. Und deswegen will Brasilien keinerlei Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt“. Das war die unmissverständliche Antwort von Lula da Silva auf die Bitte von Kanzler Scholz nach Munition für die Gepard- Flugabwehrpanzer, die Deutschland in die Ukraine lieferte. Wenigstens 300.000 Schuss wollte man haben, aber der Brasilianer lässt sich nicht breitschlagen. Kein Futter für die Gepard (Panzer) also. Bezüglich Ukraine und Russland gab es aber noch mehr Gegensätze. Lula da Silva macht, im Gegensatz zu Scholz und dem Westen, die Ukraine auch mitverantwortlich für den Krieg. Über den ukrainischen Präsidenten Zelenskyj sagte da Silva schon im Mai 22 in einem Interview: „Dieser Typ ist für den Krieg genau so verantwortlich wie Putin“. Außerdem, so sagte er jetzt, ist es die Schuld der Ukraine, dass es keine Friedensverhandlungen gibt. Und er fügte hinzu: „Ich weiß nicht, wann der Krieg aufhören wird, wenn wir so lange untätig bleiben“. Untätig bezüglich Friedensverhandlungen. Und obwohl jeder Mensch weiß, dass es sich in der Ukraine um einen Stellvertreterkrieg zwischen den USA und Russland handelt, meint Scholz, dass es keinen Frieden über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben darf. Scholz glaubt auch immer noch daran, dass die Ukraine keine Gebiete verlieren darf.

  Für Scholz gab es eine Abfuhr bezüglich der geforderten Panzermunition. Er erreichte nichts bezüglich Mercosur- Handelsabkommen. Es gab keine Zusagen bezüglich Klimapolitik. Und beim Ukraine- Krieg liegen die Ansichten meilenweit auseinander. Scholz war der Meinung, in Lula da Silva einen Gleichgesinnten zu treffen. Da wurde er enttäuscht. er dürfte allerdings auch vergessen haben, dass Brasilien – auch unter Lula da Silva – BRICS- Mitglied ist. Und das sind nun einmal Brasilien, Russland, Indien China und Südafrika.

Klimademos, wo es leicht geht

  In Österreich, aber auch anderswo, werden Gruppen wie „Letzte Generation“ immer mehr ins Scheinwerferlicht gerückt. Erregten sie zuerst Aufsehen mit ihren Schütt- Aktionen gegen Bilder in Museen, sind es jetzt zunehmend nicht angemeldete Demos in Form von Straßenblockaden und bewusstes Ankleben der Demonstranten auf der Straße. Das alles ist natürlich immer in Verbindung mit medienwirksam gezeigten Transparenten, mit denen durch die Umwelt- und Klimaschützer auf die kommende (oder schon eingetretene) Klimakatastrophe hingewiesen wird. Diese Spruchbänder werden kaum zur Kenntnis genommen, sehr wohl aber die durch die auf der Straße Klebenden verursachten Verkehrsstaus. Die erregen den Zorn von Verkehrsteilnehmern; es kam da auch schon zu Handgreiflichkeiten. Dass durch die verursachten Staus wiederum Abgase verursacht werden – gegen die eigentlich demonstriert wird – stört die Klimaschützer scheinbar nicht.

  Den großteils jungen Leuten der „Letzten Generation“ geht es also um Klimaschutz. Weg von fossilen Brennstoffen jeder Art, weg von Emissionen, weg vom gewohnten Lebensstil. Bei diesen aggressiven Forderungen fragen sich aber ganz gewiss viele Menschen, ob diesen besorgten Demonstranten nicht bekannt ist, dass in der Ukraine Krieg herrscht. Dass dort tausende oder gar zehntausende Fahrzeuge unterwegs sind mit einem Spritverbrauch, gegen den der Verbrauch eines von den Demonstranten verhassten SUV im Vergleich dazu als vorbildlich umweltfreundlich gesehen werden muss. Nur ein Beispiel: Ein Kampfpanzer verbraucht auf 100 Kilometer bis zu 500 Liter Sprit und sogar mehr. Dass das Abfeuern von täglich tausenden großkalibrigen Artilleriegeschossen und Raketen Unmengen an schädlichen bis giftigen Abgasen freisetzt und dass Handfeuerwaffen und eher kleinkalibriges Kriegsgerät bezüglich Abgasen auch nicht unterschätzt werden darf, sollte nicht vergessen werden. Vielleicht hat sich schon jemand die Mühe gemacht zu berechnen, wie viele hunderttausende Liter Sprit täglich von Fahrzeugen und Fluggeräten verbrannt werden, wie viele Tonnen CO2 und andere Schadstoffe da in die Luft geblasen werden. Vermutlich noch viel schlimmer ist die Umweltbilanz schwerer und leichterer Waffen und dass auch der Boden ruiniert wird, z. B. durch austretendes Öl und Kühlmittel und durch Treibstoffe, sollte nicht außer acht gelassen werden. Das alles scheint die Sekte der „Letzten Generation“ und auch andere Umweltschützer aber nicht zu interessieren. In Medienartikeln wie auch im Fernsehen war noch nie ein Transparent bezüglich dieser Thematik zu sehen, bei einem Auftritt im Fernsehen wurde das noch nie angesprochen. Klimaschutz mit regionaler Einschränkung also. Aber wer will schon Klima- und Umweltsünden durch das Militär ansprechen? Noch dazu, wenn man, wie im Fall des Ukraine- Krieges, nicht nur die Umweltsünden anprangern müsste, die von Russland und der Ukraine verursacht werden. Da müsste man ja auch die gesamte NATO und fast ganz Europa wegen deren Waffenlieferungen und den damit verursachten Klima- und Umweltschäden an den Pranger stellen und ein Ende der Kampfhandlungen fordern. Und das trauen sich die Jünger der „Letzten Generation“ und auch andere Klimaretter dann doch nicht.