Lange Zeit wird schon herumgeeiert wegen des NATO- Beitrittes des bisher neutralen Staates Schweden. Dazu  eine kurze Rückblende: Angeblich wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine beschlossen Finnland und Schweden, aus Sicherheitsgründen der NATO beizutreten. Eine Aufnahme in das Militärbündnis ist nur mit Einstimmigkeit aller Mitglieder möglich. Das war auch kein Problem – bis auf zwei NATO- Mitglieder, nämlich die Türkei und Ungarn. Bei diesen gab es ein Problem; beide Beitrittskandidaten hatten nämlich PKK- Leuten Asyl gewährt und die PKK wird von der Türkei als Terrororganisation eingestuft und der türkische Präsident Erdogan forderte als Gegenleistung für sein „Ja“ zum NATO- Beitritt die Auslieferung der PKK- Leute, was vom schwedischen Höchstgericht abgelehnt wurde. Dann kam in Schweden noch eine Koranverbrennung dazu und kürzlich gab es noch eine. All das trug nicht dazu bei, den türkischen Präsidenten umzustimmen. Mit Finnland hingegen ging es relativ problemlos. Die Türkei wie auch Ungarn machten den Weg frei und seit dem 4. April ist Finnland offiziell 31. Mitglied der NATO. Generalsekretär Stoltenberg kommentierte das pathetisch, dass „Finnland nun in Sicherheit“ sei.

  Bei Schweden war es eine Pattsituation. Schweden durfte laut Gericht die PKK- Leute nicht ausliefern und Erdogan hätte „sein Gesicht verloren“, wäre er von seiner Forderung abgegangen. Mittlerweile hat sich die Situation etwas verändert, denn Schwedens oberstes Gericht gab Anfang Juni die Zustimmung für die Auslieferung eines PKK- Mannes an die Türkei. Eines einzigen PKK- Mannes; gefordert hatte Erdogan angeblich 30 oder gar etwa 60. Und Ungarn hat die Entscheidung des Parlaments über eine Zustimmung zum NATO- Beitritt Schwedens auf den Herbst verschoben.

  Und jetzt kam der Über- Drüber- Knaller vom „starken Mann am Bosporus“, von Präsident Erdogan: Er forderte nicht mehr und nicht weniger als EU- Beitrittsgespräche als Gegenleistung für eine Zustimmung zum NATO- Beitritt Schwedens. Er will also plötzlich wieder, dass die Türkei ein EU- Mitglied wird. Jahrelang tat sich da gar nichts, Erdogan legte auch keinen Wert mehr drauf – und jetzt die Kehrtwende. Und er setzt dazu die NATO ein, seinen Wunsch umzusetzen. Weil ja die NATO wiederum Schweden als Mitglied haben will. Vor dem Abflug zum NATO- Gipfel in Vilnius erklärte er: Öffnet erst den Weg für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union, und dann öffnen wir den Weg für Schweden … Ich möchte eine Tatsache unterstreichen. Die Türkei hat 50 Jahre lang vor der Tür der EU gewartet …“

  Und plötzlich, am Abend, ist wieder alles anders. Das heißt es aus Vilnius, dass Erdogan die Blockade gegen Schweden aufgibt und er das Beitrittsprotokoll so schnell wie möglich dem türkischen Parlament vorlegen wird. Der schwedische Ministerpräsident erklärte, sein Land sei keine weiteren Verpflichtungen mit der Türkei eingegangen und der EU- Ratspräsident Michel erklärte, er habe mit Erdogan „Möglichkeiten erörtert, die Zusammenarbeit der EU und der Türkei in den Vordergrund zu rücken …“ Ob das der Grund war für den Schwenk Erdogans, ist nicht bekannt. Es heißt allerdings, die NATO hätte der Türkei gegenüber Zusagen gemacht. Es ist aber nicht bekannt, welcher Art diese Zusagen sein sollen. Offen ist also, ob und wann Schweden tatsächlich NATO- Mitglied wird. Denn es muss ja das türkische Parlament zustimmen und die Unterschrift Ungarns kommt angeblich erst im Herbst, obwohl US- Präsident Biden schon in Feierlaune ist und sagte: „… Ich freue mich, …Schweden als unseren 32. NATO- Verbündeten zu begrüßen …“