Die Ukraine ist ziemlich am Ende; nicht nur wirtschaftlich. Die militärische Lage ist viel schlimmer, als in den Medien der Eindruck erweckt werden soll. Dabei ist in Medienberichten schon ein Schwenk in Richtung Realität feststellbar. Das Interesse der Unterstützer des Krieges, beispielsweise der EU- Staaten, schwindet, die Unterstützung mit Kriegsmaterial geht wegen leerer Waffenlager zurück. Die finanzielle Unterstützung geht ebenfalls zurück. Die EU hat kein Geld mehr und Brüssel will deshalb zusätzliche Zahlungen in Höhe von 66 Milliarden Euro, großteils für die Ukraine gedacht, von den Mitgliedsstaaten herauspressen. Die sogenannte „Friedensfazilität“ (eine Pervertierung des Wortes „Frieden“) ist pleite. Die USA fahren wegen der wieder einmal erreichten Schuldenobergrenze – die US- Schulden sind jetzt jenseits von 33 Billionen Dollar – ein Notprogramm, in dem eigentlich keine Ukraine- Hilfe vorgesehen war. Sie haben aber jetzt trotzdem was lockergemacht, aber nicht in der von Zelenskyj geforderten Höhe.
Was schon vor einem Jahr von westlichen Propagandisten und Marktschreiern behauptet wurde, nämlich dass den Russen die Raketen ausgehen, dass sie keine Artilleriemunition mehr haben und mit Schaufeln bewaffnet ins Feuer der Ukrainer rennen und dass sich die Front auflöst, trifft jetzt eher für die Ukraine zu. (Ein in den sozialen Medien kursierendes Video, welches einen mutmaßlich ukrainischen Soldaten zeigt, der einen Granatwerfer oder so was ähnliches mit einer Schaufel statt einer Panzergranate lädt und dann, schlecht zu sehen, feuert, dürfte trotzdem nicht ganz ernst zu nehmen sein.) Ein größeres Problem als der Mangel an Gerät und Munition dürfte aber der immer deutlicher zutage tretende Mangel an Personal sein. Die Verluste dürften tatsächlich dramatisch sein. Bachmut, wo die Ukrainer gegen die russischen Wagner- Söldner kämpften, wurde sicher nicht zu Unrecht als „der Fleischwolf“ bezeichnet. Und auch die erfolglose Sommeroffensive forderte ihren Tribut.
Die Zustellung der Einberufungsbescheide und die Rekrutierung sind teils schon als kriminell zu bezeichnen, sollen auch schon mit Waffengewalt erfolgen. Und sicher nicht ohne Grund forderte Zelenskyj von den EU- Staaten, die ukrainischen Wehrdienstverweigerer und Fahnenflüchtigen an die Ukraine auszuliefern. Es haben sich ja trotz Ausreisesperre zehntausende ukrainische Wehrpflichtige, großteils mittels Bestechung, noch rechtzeitig ins westliche Ausland abgesetzt und diese Staaten, darunter Österreich, weigern sich, diese Männer auszuliefern. Sie unterstützen damit eigentlich eine Straftat. Den Mangel an Frontsoldaten können auch die paar tausend ukrainischen Soldaten nicht beheben, die sich in westlichen NATO- Staaten wie z. B. in Deutschland befinden; zwecks Ausbildung. In der Ukraine können auch schon Frauen zum Militär eingezogen werden. Das gilt in erster Linie für Frauen im medizinischen Bereich wie Krankenschwestern oder Ärztinnen. Unbestätigten Behauptungen zufolge hätten in diesem Sektor angeblich viele ihren Job gekündigt, um so einer Einberufung zu entgehen.
Jetzt steht der Winter vor der Tür und dann wird es für die ukrainische Zivilbevölkerung wie auch für das Militär noch schlimmer, als es jetzt schon ist. Stromausfälle bzw. Ausfälle von Kraftwerken werden im zweiten Kriegswinter nicht mehr so leicht und schnell zu beheben sein wie im vergangenen Winter. Ersatzteile und wahrscheinlich auch die Fachleute sind rar geworden. Die Front wird noch schwieriger zu versorgen sein und das Sanitätswesen könnte überfordert werden. Die Bevölkerung wird immer mehr kriegsmüde . Die USA sagen zwar, sie können sich locker zwei Kriege leisten, nämlich den in der Ukraine und den in Israel. Tatsache ist aber, dass die US- Bevölkerung immer weniger daran interessiert ist, den Ukraine- Krieg zu unterstützen. Laut einer Umfrage sind mehr als 40 Prozent der Befragten der Meinung, dass die USA zu viel für die Ukraine tun. Das ist ein dramatisch hoher Wert und nächstes Jahr im November sind Wahlen. Die Demokraten sind alarmiert.
All diese Punkte zusammen mögen die USA dazu bewogen haben, gemeinsam mit Vertretern der EU in geheimen Gesprächen mit der ukrainischen Regierung über die Möglichkeiten eines Waffenstillstands oder gar von Friedensverhandlungen zu diskutieren. Und kürzlich gab es auch in Malta ein Treffen mit Vertretern von mehr als 50 Staaten, wo über den „ukrainischen Friedensplan“ diskutiert wurde. Der setzt allerdings eine Kapitulation Russlands voraus bzw. eine Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen, wie sie vor dem Kriegsbeginn im Februar 22 waren, sowie die Rückgabe der Krim. All das ist für Russland aus jetziger Sicht völlig ausgeschlossen, da vier Regionen in der Süd- und Ostukraine Teil der Russischen Föderation geworden sind; ob völkerrechtlich in Ordnung oder nicht. Die Krim seit 2014 und Luhansk, Donetsk, Zaporizhzia und Kherson seit September 2022. Ein Waffenstillstand oder gar Frieden mit dem jetzigen Frontverlauf als Grenze kommt also für Zelenskyj aus jetziger Sicht nicht in Frage und eine Rückgabe der ukrainischen Regionen mit russischer Bevölkerung kommt für Russland aus jetziger Sicht ebenfalls nicht in Frage. Die Kämpfe werden also, so ist zu befürchten, weitergehen. Bis im schlimmsten Fall die Ukraine im wahrsten Sinne des Wortes ausgeblutet ist.
Dabei könnte der Krieg längst beendet sein. Kurz nach Kriegsbeginn waren sich die Ukraine und Russland eigentlich schon einig. Doch kaum war das bekannt, eilte der damalige britische Premierminister Johnson nach Kiew, knöpfte sich Zelenskyj vor – und die Friedensverhandlungen waren gestorben, der Krieg ging weiter und die USA waren zufrieden. Darüber berichtete auch der deutsche Ex- Kanzler Schröder, der als Vermittler aktiv war. So gesehen, sind Johnson und die USA verantwortlich für die mehreren hunderttausend Soldaten auf beiden Seiten, die seit dem verhinderten Frieden getötet, verstümmelt oder „nur“ verwundet wurden.
Nachtrag am 4. November um 17: 45 Uhr: Wie berichtet wird, hat der ukrainische Präsident Zelenskyj auf einer gemeinsamen Presskonferenz mit der EU- Chefin von der Leyen erklärt, dass es „keine Verhandlungen gibt und auch nicht geben wird“.