Kanzler Nehammer sagte in einem Sommergespräch: „Wir müssten nicht nur darüber diskutieren, dass wir im Umgang miteinander sorgsamer umgehen und auch wieder im Diskurs andere Meinungen zulassen … Ja, wir müssen den Hass ernst nehmen und bekämpfen“. Da hat er recht. Er soll sich aber auch daran erinnern, dass gerade die
Regierung mit ihren Maßnahmen und mit vielen Äußerungen dafür gesorgt hat, dass die Gesellschaft gespalten wurde und dass sich die Fronten verhärteten. Mit der vorgesehenen Impfpflicht beispielsweise. Diese Zwangsmaßnahme wurde in anderen Ländern, die bei Corona nicht besser oder sogar schlechter dastanden als Österreich, nicht einmal angedacht. Diese Impfpflicht stand dort einfach nicht zur Debatte. In Österreich war sie aber mit ein Grund oder sogar der Hauptgrund für die Massendemonstrationen und die Spaltung der Gesellschaft. Auf der einen Seite die Staatsmacht, die gegen die Demonstranten mit einem erschreckend großen Polizeiaufgebot aufmarschierte und mit Strafen nicht zimperlich war und auf der anderen Seite bis zu mehreren Zehntausend Demoteilnehmern pro Veranstaltung, die aus den verschiedensten Gründen gegen die Corona- Maßnahmen, gegen die Impfung als solche oder gegen die geplante Impfpflicht auf die Straße gingen. Oder auch wegen der (teils gesetzwidrigen) Einschränkungen der Freiheits- und Bürgerrechte. Die Impfpflicht wurde zwar per Gesetz eingeführt. Sie wurde aber anfangs nicht exekutiert, dann ausgesetzt und letztendlich abgeschafft. Und von den Maßnahmen wurden gar nicht so wenige hinterher von Gerichten als verfassungswidrig aufgehoben. Die Regierung wollte in dieser Zeit der langen Lockdowns – für die es in vielen anderen Ländern allem Anschein nach keine Notwendigkeit gab – und der überzogenen Maßnahmen die Österreicher zu folgsamen Schafen umerziehen; auch mit Unterstützung der Medien. Das hat nur bedingt funktioniert. Man konnte sehen: Druck erzeugt Gegendruck.

  Wenn dann die Teilnehmer an Demos vom grünen Vizekanzler in einer Nationalratssitzung pauschal als „Staatsfeinde, Demokratieverweigerer, Neonazis und Neofaschisten, die zu Tausenden durch unsere Städte spazieren“, beschimpft und kriminalisiert werden, und dieser Mann wegen dieser beispiellosen Entgleisung nicht zur Ordnung gerufen wird, dann darf man sich über eine Spaltung der Gesellschaft nicht mehr wundern und auch nicht darüber, dass der Ton rauer wird. Und ja; auch der grüne Bundespräsident hatte an diesen Beschimpfungen nichts auszusetzen. Sehr viel Öl ins Feuer gegossen wurde just am „Tag der Menschenrechte“ von der Verfassungsministerin Edtstadler, als sie sagte: „Mit der Einführung der Impfpflicht ist es eigentlich rechtswidrig, in Österreich zu wohnen und nicht geimpft zu sein. Und daran können sich auch andere Konsequenzen knüpfen“. Was soll man dazu sagen? Eine solche Ansage muss man erst einmal verdauen. Mit den „anderen Konsequenzen“ meinte sie beispielsweise: „… Haftungsrechtlich oder auch arbeitsrechtlich – zum Beispiel, wenn man jemanden ansteckt. Daher wird es wahrscheinlich auch möglich sein, jemanden zu kündigen, der nicht geimpft ist“. Dass das so ist, weiß man mittlerweile. Gerne wurden (und werden immer noch) Maßnahmenkritiker und Impfverweigerer von Politikern verschiedener Couleurs und auch von Medien als „rechter“ oder gar als „rechtsextremer Mob“ bezeichnet. Da spielt es auch keine Rolle, dass sich sogar grüne Politiker und Ex- Politiker öffentlich gegen Maßnahmen und Impfzwang aussprachen. Dass die Existenz – beruflich wie privat – impfkritischer Ärzte von der Regierung in Zusammenarbeit mit der Ärztekammer bzw. dem ehemaligen Ärztekammer- Präsidenten ruiniert wurden, überrascht dann eigentlich nicht mehr.

  Diese Spaltung der Gesellschaft ist nach wie vor vorhanden und macht sich gerade jetzt, nach dem Selbstmord einer Ärztin, die eine fanatische Impfbefürworterin war, wieder bemerkbar. Auch in dem Zusammenhang ist von grüner Seite schon wieder oder noch immer bezüglich Maßnahmenkritikern und Impfverweigerern vom „rechten Mob“ die Rede. Aber ob die kriminellen Droher im Internet nur dem rechten Spektrum zuzurechnen sind, ist nicht gesichert. Dieser Selbstmord wird ja von Politik und Medien in einer Art und Weise instrumentalisiert, wie man es bis vor Kurzem nicht für möglich gehalten hätte.

  Wenn der Kanzler in einem Interview jetzt meint: „Wir müssten nicht nur darüber diskutieren, dass wir im Umgang miteinander sorgsamer umgehen und auch wieder im Diskurs andere Meinungen zulassen“, dann hat er natürlich recht. Er soll aber dabei nicht vergessen, dass das sehr stark auch auf die Politik zutrifft und die Politiker sich darauf besinnen sollen, welchen Umgang sie mit den mündigen Bürgern, den Wählern und Steuerzahlern, zu pflegen hätten. Das sind nämlich keine Leibeigenen. Und auch der „Schweigepräsident“ ist gefordert. Der fiel ja in letzter Zeit auch nur durch verstörende Eröffnungsreden auf. Aber vielleicht kühlen sich die Hitzköpfe auf beiden Seiten wieder ab und der Umgang miteinander wird wieder sachlicher und ruhiger und Emotionen bis hin zu Hass werden abgebaut. Wünschenswert wäre es.