Es ist schon sehr lange her, als Hildegard Knef ihren Schlager „von nun an ging´s bergab“ sang. Dieser Titel ist in Europa, speziell in der EU, wieder brandaktuell – aber mit einer ganz anderen Bedeutung. Dieses Mal geht es um die Folgen der Sanktionen, die die EU und einige andere europäischen Länder gegen Russland verhängt haben. Da hat sich seit Beginn der Sanktionen schon gezeigt, dass die Verhänger von Sanktionen von diesen fast mehr betroffen sind als der, den die Sanktionen eigentlich treffen sollten, also Russland. So richtig offensichtlich wurde das aber erst, als die EU Öl aus Russland zu sanktionieren begann. da zeigte sich, um einen waffentechnischen Vergleich heranzuziehen, dass der Rückstoß den Schützen mehr schmerzt als die Kugel das Ziel. Russland verlagerte seine Geschäfte nach Asien und Afrika und erzielt mit weniger Ware mehr Geld. Russland steigerte z. B. seine Ölexporte nach Indien um das Mehrfache. In Indien wird das russische Öl raffiniert und Indien verkauft Benzin, Diesel etc. zu geschmalzenen Preisen in die EU – und da wird zu Recht gejammert über die hohen Spritpreise.

  Wegen der Finanz- Sanktionen stellte Russland die Formalitäten für die Bezahlung von Öl und Gas um. Es muss in Rubel bezahlt werden bzw. auf ein neues Konto in Euro oder Dollar, auf denen die Devisen vor den Sanktionen sicher sind. Wer sich weigerte, diese Formalitäten zu akzeptieren, wurde nicht mehr beliefert. So wurde es im Vorfeld von Russland auch angekündigt. Einige Staaten mussten die Erfahrung machen, dass diese Drohung ernst gemeint war. Da wurde dann halt von anderen Ländern wie Norwegen mehr gekauft oder es wurde solidarisch geteilt – Deutschland z. B. belieferte Polen – oder es wurde dankbar das Angebot der USA angenommen, deren teures Fracking- Flüssiggas zu kaufen. Dafür gibt es aber in europäischen Häfen noch viel zu wenig Rückvergasungsanlagen. Aber ohne Gas, und das dämmert mittlerweile vielen Politikern, wird es mehr als düster. Da wird die Industrie zusammenbrechen. Man möchte nämlich gar nicht glauben, was alles vom Gas abhängig ist. Und im Winter kann es kalte Wohnungen geben, wenn es kein Gas gibt.

  Wie gesagt, Politiker wachen langsam auf. Kohlekraftwerke werden reaktiviert; man soll es nicht glauben. AKW´s sollen nicht abgeschaltet oder schon abgeschaltete wieder gestartet werden. Über Fracking wird laut nachgedacht, um an Gas zu kommen. Es werden Zahlen und Zeiträume genannt, für wie lange Fracking- Gas reichen würde. Es gibt keine Tabus mehr. Allerdings geht vieles nicht von heute auf morgen, auch nicht neue Windräder oder PV- Anlagen oder Leitungstrassen. Deswegen gibt es auch so viele Vorschläge von Politikern zum Energiesparen. Die Raumtemperatur beim Heizen um ein oder zwei oder doch drei Grad zurückdrehen. „Frieren für die Ukraine“, wie das jemand nannte. Oder nicht mehr so oft und so lange wie bisher duschen. „Stinken aus Solidarität“, nannte das jemand. Oder beim Kochen immer einen Deckel auf den Topf geben, wie eine ministerliche gute Hausfrau empfahl. Auch statt mit dem Auto mehr mit dem Rad fahren oder mit Öffis oder zu Fuß gehen würde Energie sparen, wurde erklärt. Alles gut gemeinte Vorschläge, aber nicht so überaus spürbar. Sollten die Gasliefermengen aus Russland – als Antwort auf die Sanktionen – noch weiter reduziert werden, dann wird es mehr als kritisch für die Wirtschaft. Die EU ist der große Verlierer, was Energie betrifft. Die Preise explodieren, was eine Folge der Sanktionen ist. Die Rezession ist eingeläutet und die hohe Inflation beschleunigt den Abschwung.

  Mit der wachsenden Energiekrise und den dadurch ausgelösten extremen Preissteigerungen bei Energie für den Verbraucher, aber auch für Artikel des täglichen Bedarfs, ist es eine Frage der Zeit, bis die Solidarität mit der Ukraine und der Zusammenhalt innerhalb der EU zu bröckeln beginnt. Die Wirtschaftsdaten zeigen abwärts, der private Sektor ist momentan der große Verlierer und auf den Staat braucht man nicht mehr viel zu hoffen. Die Regierungen haben uns die Suppe eingebrockt, die wir auszulöffeln haben. Weil irgendwer glaubt, der Krieg muss weitergehen und Russland größtmöglich geschwächt werden. Nicht deswegen, damit es in Zukunft keine europäischen Nachbarn mehr angreifen kann. Dieses Argument ist Blödsinn. Russland soll geschwächt werden, damit es als Konkurrent für die USA ausfällt. Und mit diesem Krieg und den Sanktionen und deren Folgen soll auch die EU geschwächt werden.

  Es geht bergab. Der deutsche Vizekanzler Habeck von den Grünen hat der Bevölkerung schon kundgetan, dass sie sich auf bleibenden Wohlstandsverlust einstellen muss. Dass das eine direkte Folge der Sanktionen gegen Russland und der Solidarität mit der Ukraine ist, sagte er nicht so deutlich. In ähnlicher Form wird auch in anderen Ländern die Bevölkerung auf harte Zeiten eingestimmt.

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  Henry Kissinger, ehemaliger US- Außenminister, sagte: „Amerika hat keine dauerhaften Freunde oder Feinde, nur Interessen“. Und er sagte auch: „Die öffentliche Meinung entsteht nicht von selbst; sie wird gemacht“.