In einer Sondersitzung des CDU- Vorstandes wurde mehrheitlich für Armin Laschet als Spitzenkandidat der Unionsparteien bei der im Herbst stattfindenden Bundestagswahl gestimmt. Von Kanzlerkandidat zu sprechen, grenzt bei den Umfragewerten der Union schon fast an Hochmut, zumal die Grünen schon verdammt knapp an die Unionsparteien herangekommen sind und die Union bis zur Wahl noch schwächer werden wird. Der „Merkel- Effekt“ ist längst verpufft, hat sich abgenutzt und mangels Alternativen gute, aber trügerische Umfragewerte für Merkel bringen nichts, wenn die Werte für die Partei im Keller sind. Nach alter Ostblockmanier wurden potentielle Nachfolger in der Partei von Merkel klein gehalten und zurecht gestutzt und das rächt sich jetzt, wo die Nachfolge ansteht.
Jetzt steigt halt „Herr Merkel“ in den Ring. So nannte ein deutsches Medium Herrn Laschet, da mit ihm als (nicht sehr wahrscheinlichen) Kanzler eine Fortsetzung der Merkel- Politik zu erwarten wäre. Und dass die Zustimmung für Herrn Laschet auch im CDU- Vorstand nicht gerade berauschend ist, zeigt sich am Abstimmungsergebnis. Nur 31 der 46 stimmberechtigten Vorstandsmitglieder stimmten für ihn; ziemlich genau zwei Drittel und nicht mehr. Ein Erfolgserlebnis schaut anders aus. Und bei Betrachtung der deutschen Politik in den letzten Jahren kann man unseren Nachbarn nur zurufen: „Ihr habt es so gewollt!“
P. S.: Die Wahl von Armin Laschet zum Spitzenkandidaten der Unionsparteien, also zum Kanzlerkandidaten, zeigt schon dramatische Auswirkungen. Laut einer aktuellen Forsa- Umfrage verlieren die Unionsparteien 7 Prozent, liegen bei nur mehr erschütternden 21 Prozent. Auch die schwer angeschlagene SPD verliert nochmals 2 Prozent und dümpelt jetzt bei einem historischen Tiefstwert von 13 Prozent. Die Grünen mit ihrer Kanzlerkandidatin Baerbock sind die Nutznießer der Schwäche der ehemaligen Volksparteien CDU/ CSU und SPD und legten um 5 Prozent zu, führen überlegen mit 28 Prozent. Ihren Aufschwung haben sie aber nicht nur der eigenen Stärke zu verdanken, sondern auch der Schwäche der Konkurrenz. Und in einer Prognose heißt es, dass, wenn Laschet tatsächlich als Kanzlerkandidat der Union antritt, dies der Union fast 100 Mandate kosten wird. Das deckt sich dann in etwa mit den neuesten Umfrageergebnissen. Auch der deutsche Aktienindex DAX reagierte auf die Ankündigung der Laschet- Kandidatur und verlor bis zum Abend des 20. 4. etwa 250 Punkte. Die Anleger scheinen nicht allzu begeistert davon zu sein, dass in der deutschen Bundespolitik die Grünen jetzt die Spitzenreiter sind.
So wie es jetzt aussieht, wird die Langzeit- Kanzlerin Merkel nach ihrem Rückzug aus der Politik eine am Boden liegende Union und ein politisches Chaos hinterlassen. Und wie es ebenfalls jetzt aussieht, wird den Grünen in ihrer Euphorie gerade ein Dämpfer verpasst, und zwar von Oskar Lafontaine. Wie das, werden sich da viele fragen, der ist doch ein lupenreiner Linker und steht somit den Grünen ideologisch ziemlich nahe? Nun ja; rot- links und grün- links ist halt doch nicht das Gleiche. Und Oskar Lafontaine kommt auch nicht mit irgendwelchen diffusen Geschichten daher. Nein, er ist offen und konkret und scharf mit seiner Kritik. Er bezeichnet die grüne Kanzlerkandidatin Baerbock als „US- gesteuert“ und er sagt über die heutigen Grünen in Deutschland: „… Seitdem haben sich die Grünen von einer Friedenspartei in eine Kriegspartei verwandelt …Eine führende Vertreterin dieser kriegsfreudigen grünen Partei ist die neue „Kanzlerkandidatin“ Annalena Baerbock. Sie bejaht völkerrechtswidrige Kriege, weitere Aufrüstung, Waffenlieferungen, die Einkreisung Russlands durch die USA und ist selbstverständlich gegen Nord Stream 2 …“
Die Frage ist nicht, ob Lafontaines Kritik Wirkung zeigt. Die Frage ist eher, wieviel Wirkung sie zeigt. Viele der heutigen Grün- Wähler sind ja für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten, aber sie sind unverständlicher Weise auch für diese Kriege. Und somit werden die Vorwürfe zwar Wirkung zeigen, aber nicht allzu viel.