Die Probleme, mit denen die EU- Kommission und die EU- Staaten aktuell konfrontiert ist bzw. sind, sind immer weniger klein zu reden, schön zu reden oder einfach zu verschweigen. Man kann noch versuchen, sie Russland anzuhängen, aber das gelingt auch nicht so recht. Wie der Krieg in der Ukraine läuft, kann man nicht genau sagen, denn „alternative Wahrheiten“ verbreitet jede Seite. Man weiß nicht einmal, wie es mit dem militärischen Nachschub an schwerem Gerät aus den EU- Staaten an die Ukraine ausschaut; die Meldungen darüber sind spärlich geworden. Der Verbrauch, d. h. die Zerstörung dürfte aber auf hohem Niveau sein. Zu den Verlusten an Soldaten gibt es auch nur Vermutungen bzw. nicht überprüfbare Behauptungen, dass die jeweils andere Seite „fürchterliche“ Verluste zu erleiden habe. Das Einzige, was Fakt ist, ist der zunehmende Gasmangel und der noch immer (oder schon wieder) steigende Gaspreis in der EU. Obwohl es nicht so ist, kann man es sich leicht machen und behaupten, am extremen Gaspreis ist Putin schuld und nur Putin. Man darf nämlich nicht vergessen, dass vor etwa 10 Jahren oder etwas mehr die EU begonnen hat, die Regeln für die Preisbildung beim Erdgas zu ändern. Das wurde als „Liberalisierung“ des Marktes beworben und sollte – was denn sonst? – nur zum Vorteil der Kunden und Konsumenten sein. Den gravierenden Unterschied machte die Tatsache, dass bis zu diesem Beginn der Liberalisierung die Gaspreise für Pipelinegas großteils in langfristigen Verträgen fixiert waren. Das war im Interesse des größten Gaslieferanten für die EU, des russischen Unternehmens Gazprom, und es war auch zum Vorteil der Abnehmerstaaten. Für beide Seiten bestand auf Grund der langfristig fixierten Preise Planungssicherheit. Mit der Liberalisierung, einem ungeregelten Handel auf dem freien Markt – eine Säule der EU – in Echtzeit waren dann für Zocker Tür und Tor geöffnet. Damit nahm das Elend seinen Lauf. Mit den westlichen Sanktionen wollte man klarerweise Russland vom Geld abschneiden. Als Folge forderte Russland die Bezahlung des Gases in Rubel bzw. auf ein Rubelkonto. Wer dies nicht akzeptierte, wurde nicht mehr beliefert. Der Ersatz erfolgte u. a. in Form von Rücklieferungen. Deutsches Gas (aus Russland) wurde z. B. nach Polen gepumpt. Zum Preis, wie er auf den Spotmärkten verlangt wurde und der betrug das x- fache des russischen Gaspreises. Andere Länder suchten andere Lieferanten wie z. B. Norwegen. Die USA kamen immer mehr mit Flüssiggas – mit der in der EU eigentlich verpönten Fracking- Methode – mit EU- Staaten ins Geschäft; ein lukratives Geschäft für die Amis. Aber mit amerikanischem Flüssiggas kann der Bedarf in der EU nicht gedeckt werden.

  Bei den russischen Gasleitungen in die EU gab es Lieferstopps wegen tatsächlich oder angeblich notwendiger Revisionsarbeiten. Da gab es dann Hickhack wegen Turbinenreparaturen und Sanktionen. Jetzt ist Nord Stream 1 außer Betrieb genommen und mit anderen Leitungen wird reduziert  geliefert. Vielen Grünen (nicht allen) in den Regierungen mag das ja gelegen kommen, weil sie ohnehin lieber jetzt als später weg von fosslien Brennstoffen, also auch von Gas, wollen. Dass dabei die Wirtschaft mit Vollgas (schon wieder Gas!) an die Wand gefahren würde, das würden diese Leute billigend in Kauf nehmen. Dass wegen Gasmangel Öl- und Kohlekraftwerke wieder aktiviert werden, müssen sie aber hinnehmen.

  Um die Probleme der nicht mehr leistbaren Gaspreise – verursacht großteils durch die liberalisierten, ungeregelten und wild gewordenen Märkte vermeinte die EU- Chefin von der Leyen jetzt die Lösung des Problems gefunden zu haben: Einen Preisdeckel auf russisches Gas. Sie will bzw. die EU- Staaten sollen eine Obergrenze für den Preis des russischen Gases festlegen und Gazprom soll nicht mehr als dieser Preis bezahlt werden. Ähnliches wollen die G7- Staaten bei russischem Öl machen. Am 2. September beschlossen die G7- Finanzminister auf Betreiben der USA ein „umfassendes Verbot von Dienstleistungen, die Seetransporte von russischem Rohöl und Petroleum- Produkten ermöglichen“. Das schließt auch die Versicherung der Tanker ein und Transporte wären nur erlaubt, wenn russisches Öl zum festgelegten Preis oder billiger gekauft wird. Diese Geschichte macht bis jetzt wenig Eindruck auf Russland und beim Gas- Preisdeckel wird es genau so sein.

  Um all die jetzigen und noch zu erwartenden Probleme bis hin zum – als Extremfall wirtschaftlichen Kollaps – die alle mit den Sanktionen und den Energiepreisen zusammenhängen, in den Griff zu bekommen, plant die EU- Kommission einen radikalen Schritt. Sie möchte außerordentliche Befugnisse erlangen samt „militärischen Managementrechten“. Die einzelnen EU- Staaten hätten dann wirklich nichts mehr zu sagen. Reuters hatte Einblick in entsprechende Dokumente und schreibt dazu: „EU- Kommission beantragt Notfallbefugnisse für Versorgungskrise und droht mit Bußgeldern“. Dazu heißt es: „Die Europäische Kommission strebt Notfallbefugnisse an, um Unternehmen zu zwingen, im Krisenfall wichtige Produkte herzustellen und Vorräte anzulegen, andernfalls drohen Geldstrafen, wie aus einem EU- Dokument hervorgeht, das Reuters am Freitag vorlag“. Da zieht kein Sturm auf sondern ein Orkan. Zumindest deutet alles darauf hin. Die Energiepreise – Gas, Öl, Strom – sind jenseits gut und böse. Die OPEC- Staaten steigern nicht, wie es der Wunsch der EU ist, die Produktion, sondern senken sie. Um höhere Preise zu erzielen. Und die US- Energieministerin setzt Raffinerien unter Druck, den Export von Flüssiggas und Ölprodukten an die europäischen Verbündeten einzustellen. Das heißt, die Probleme der EU interessieren die Amerikaner nicht; ob die Europäer jetzt um Unterstützung bitten oder nicht. Die Amerikaner wollen ihre „historisch niedrigen Lagerbestände von Benzin und Diesel“ aufstocken. Also „America first“. Und die EU bleibt auf der Strecke. Treibstoffe aus der amerikanischen Notfallreserve wurden übrigens von Hunter Biden, dem Präsidentensohn, zum Teil an China verkauft. Das mag dazu beigetragen haben, dass es „historisch niedrige Lagerbestände“ gibt.

  Und die ganzen Probleme wegen eines Krieges, der geplant und provoziert wurde, und in den sich die EU nicht hätte hineinziehen lassen dürfen.