Am 17. Mai 2019 platzt in Österreich eine Bombe: Das „Ibiza- Video“ wird publik gemacht; zumindest ein paar Minuten davon. Die „Hauptdarsteller“ sind der damalige Vizekanzler und FPÖ- Chef Strache, der FPÖ- Klubobmann Gudenus und eine mysteriöse „Oligarchen- Nichte“. Die ein Lockvogel war, wie sich später herausstellte. Die zentralen Themen (der paar bekannt gemachten Minuten) des schon 2017 aufgenommenen Videos waren ein möglicher Kauf der „Kronen- Zeitung“ durch die falsche Oligarchen- Nichte, Parteispenden in Österreich und Postenschacher. Am 18. Mai trat Strache zurück, am Abend beendete Kanzler Kurz die türkis- blaue Regierung. Am 20. Mai wird der FPÖ- Innenminister Kickl vom Kanzler aus der Regierung geworfen. Am 27. Mai wird die Regierung vom Parlament abgewählt, am Tag darauf eine vorübergehende Beamtenregierung eingesetzt.
Das alles als Folge des Ibiza- Videos. Der Innenminister der Beamtenregierung bezeichnet den „Ibiza- Skandal“ als „einen der größten Kriminalfälle Österreichs“. Zwei deutsche Journalisten und ein österreichischer Chefredakteur eines Wochenblattes sonnen sich als „Aufdecker“ im Licht der Öffentlichkeit. So nach und nach kommen, großteils von einer privaten Webseite, immer mehr Details zum Ibiza- Video an die Öffentlichkeit. Es wurden Namen von Hintermännern und -frauen genannt. Von „Dedektiven“ und Drogenhändlern und Wirtschaftsspionen und ehrenwerten Rechtsanwälten und von Reichen und Schönen wurde berichtet und von ein paar Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Auch davon, dass ein gewisser Eifer bei der Ermittlungsarbeit allgemein vermisst wurde. Ein parlamentarischer U- Ausschuss nahm seine Arbeit auf. Bei der NR- Wahl im Herbst 2019 wurde die FPÖ, wie erwartet, „zerbröselt“, sie stürzte ins Bodenlose ab. Aber das war ja auch der Sinn und Zweck des Ibiza- Videos: Die FPÖ zerstören und Strache ruinieren.
Irgendwann tauchte ein Foto der falschen Oligarchen- Nichte auf; ein gutes Foto. Für die Fahndung zum Beispiel. Sonderbarerweise wurde die Frau bis heute nicht gefasst, aber trotzdem wurde jetzt die Fahndung eingestellt. Dazu war zu lesen: „Die Staatsanwaltschaft Wien hat die öffentliche Suche widerrufen, nachdem das Oberlandesgericht (OLG) die Fahndung als „unverhältnismäßig“ einstufte. Der Ibiza- Untersuchungsausschuss zeigt schon lange Ermüdungserscheinungen, verwickelt sich in Scheingefechte über Parteispenden und Spender, über Postenschacher und Nutznießer. Aber die Hintergründe aufzuklären und die Drahtzieher, Hauptakteure und Nutznießer des illegal gemachten Videos bekannt zu machen und ins Scheinwerferlicht zu zerren, ist ja Sache der Justiz bzw. der Exekutive und nicht des U- Ausschusses. Die „Hauptdarsteller“ durften das gesamte illegal erstellte Video bis heute nicht sehen. Dafür wurden so nach und nach einige Namen bekannt, die schon lange vor der Veröffentlichung im Mai 2019 vom Video wussten oder es auch zu sehen bekamen. Spätestens im April 2018 wurde dem damaligen Kanzleramtsminister Drozda das Video vom Drahtzieher, einem Rechtsanwalt, zum Kauf angeboten; angeblich für 6 Millionen und jetzt war zu lesen, dass auch der damalige Kanzler Kern in die Sache involviert war und auch der Parteianwalt. Ob jemand von ihnen das Video oder Teile davon zu sehen bekam, ist nicht bekannt. Bekannt ist hingegen, dass keine Anzeige erstattet wurde und dass auch andere Politiker und Wirtschaftsbosse vom Video wussten, dass es ihnen zum Kauf angeboten wurde, dass sie eventuell auch Teile davon zu sehen bekamen. Anzeige hat jedenfalls niemand erstattet. Der politische Sprengsatz sollte wohl nicht entschärft werden. Und heute wird die Fahndung nach dem Lockvogel eingestellt, ein sehr ehrenwerter Rechtsanwalt läuft frei und unbehelligt herum und einige Mittäter sollen angeblich festgenommen oder wegen anderer Delikte verurteilt worden sein. Die Justiz hat anscheinend das Interesse an „einem der größten Kriminalfälle Österreichs“ verloren; die Haupttäter und Hintermänner haben wohl nichts mehr zu befürchten.
Der politische Sprengsatz namens Ibiza- Video hat volle Wirkung gezeigt. Strache „weg vom Fenster“, die FPÖ zerbröselt. Nutznießer sind die anderen Parteien, welche um die ehemaligen FPÖ- Wähler buhlen. Die österreichischen Rechten sind nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Wozu also noch intensive Aufklärungsarbeit von Justiz und Exekutive?